Umso mehr man liest, umso mehr sieht man, dass das Niveau der deutschen Sprache immer mehr zerbröselt. Je mehr Rechtschreibreformen gemacht werden, je mehr verunsichert das viele. Und desto umfangreicher das neu zu Lernende ist, desto weniger Menschen machen es. Das gute alte „je-desto-umso“ ist längst auf der Strecke geblieben. Was ich sehr bedauerlich finde.
Einzigster Vorteil dieser Verhunzung der deutschen Sprache ist, dass Dummheit mehr und mehr legalisiert wird. Das ist als wie wenn alles in den Duden geschrieben werden muss, was viele immer öfters falsch machen. Wortquälereien wie Kaktüsse und Kommas sind da noch recht harmlose Beispiele.
Dass das „Einzige“ auch nach wie vor nicht steigerbar ist, „öfter“ jahrzehntelang ohne angeschwänzeltes „s“ froh und glücklich war, Kakteen als Kaktüsse vermutlich wutentbrannt die Stacheln zum Angriff spitzen und Kommata aus Verzweiflung über die Kommas überwiegend gestrichen sind, bringt den Einen oder Anderen vermutlich ernsthaft zum Hinterfragen seines eigenen Verstandes.
Mit dem von mir sehr verehrten Herrn Professor Hellmuth Karasek verbindet mich u. a. die Liebe zur Großschreibung der persönlichen Anrede. Wir haben uns von Anfang an schlicht und ergreifend geweigert, persönliche Anreden, der allgemeinen Verdummung der deutschen Sprache entsprechend, klein zu schreiben, weil wir es als pure Missachtung des Angesprochenen empfanden. Insofern hat sich mit diesem Fehlversuch ein ganz leckeres Stilmittel entpuppt, wenn man dem Angeschriebenen seine Missachtung zum Ausdruck bringen möchte, ohne es direkt zu formulieren. Aber war es das alleine wert?
Besser wie der generelle Verzicht auf die ß-Schreibung, in dem man grundsätzlich das doppel-s bemüht, ist da nur noch, als wie wenn man alles klein schreiben tut. Letztendlich kann man dadurch jedoch die eine oder andere Peinlichkeit vermeiden: Schreibt man einer Frau „ich liebe deine Masse“, handelt es sich entweder um eine gut oder um eine fett gebaute Frau. Oder einfach um eine provokative Frechheit. Das ist jedoch noch ein ganz anderes Thema. Aber man kann immer behaupten „Neeeein Schatz, ich meinte doch „Masse“!“. Ob mit lang oder kurz gesprochenem „a“ ergibt sich ja aus dieser Verhunzung nicht.
Und dabei ist es doch eigentlich so einfach. Kleine Lehrhilfen wie „Anders_als und genauso_wie (Anm. ohne folgendes ‚wenn’!)“ wurden mir zu Schulzeiten regelrecht eingebläut und sie sitzen. Es kann durchaus sein, dass die beiden sich inzwischen warmlaufen, weil sie bereits ahnen, dass auch dieser Punkt in der nächsten Modifizierung des Dudens umgeschaufelt wird. Aber noch gilt’s; meinen Segen zum Bleiben haben sie.
Und auch für „ss“ und/oder „ß“ lässt sich mit Leichtigkeit eine Eselsbrücke bauen: lang_kurz/kurz_lang. Meint: Lang gesprochener Vokal = anschließendes kurzes „ß“. Kurz gesprochener Vokal = anschließendes langes „ss“. Einfache Beispiele sind „Blöße“, „Maße“ und „Grüße“ bzw. „Vermissen“, „Küssen“, „Beschi….“. Ich glaube, es ist schon klar geworden, was ich meine.
Ein Wort wie zum Beispiel „Massnahmen“ ergibt demzufolge überhaupt keinen Sinn. Zumindest nicht im Hinblick auf Rechtschreibung und Aussage. Was die Bemühung des Schreibers betrifft, wenigstens ein Mindestmaß an Höflichkeit gegenüber dem Leser aufzubringen … ja, dazu kann man durchaus den einen oder anderen Schluss ziehen. Muss man aber nicht.
Gleiches gilt natürlich für „das/dass“ nach einem Komma: Nicht jedes „das“, das einem Komma folgt, wird zwangsläufig mit ehemals „ß“ bzw. aktuell „ss“ geschrieben. Auch hierfür gibt es m. E. sehr einfache Regeln. Kann man „das“ durch „dieses“, „jenes“ oder „welches“ ersetzen, schreibt man es mit einem „s“. Geht diese Ersetzung nicht, schreibt man es mit doppel-s; früher mit „ß“.
Nein, ich halte mich nicht für perfekt resp. fehlerfrei! Nein, auch nicht im Hinblick auf Rechtschreibung. Von Tippfehlern mal ganz abgesehen. Die eigenen Tipp-/RS-Fehler sieht man meist sowieso nicht; ein anderer Mensch sieht sie auf den ersten Blick und sagt „Da, Du Dussel!“. Und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ich es teilweise liebe, Wortverschwurbelungen bis an den Rand des Erträglichen vorzunehmen, erwarte ich auch nicht, dass jeder alles mag oder lustig/gut/treffend findet, was ich schreibe. Vom Verstehen ganz zu schweigen.
Gänzlich ausgenommen von diesem „Rundumschlag“ sind Legastheniker! Tatsächliche; nicht all jene, die einfach nur zu faul sind, sich wenigstens die Mühe zu machen, es zu probieren, bevor sie öffentliche Server und damit die Leser mit ihren Elaboraten quälen.
Ich habe auch absolut kein Problem damit, wenn es jemandem einfach nicht gegeben ist, sich für die breite Masse verständlich und stets korrekt auszudrücken. Derjenige ist sicher auf einem anderen Gebiet unschlagbar gut. Und da nicht jeder alles perfekt beherrschen muss (was auch reichlich langweilig wäre), können sich unterschiedliche Talente durchaus wundervoll ergänzen. Ich habe allerdings ein absolutes Problem damit, wenn sich jemand permanent klugscheißend über den Rest der Welt erhebt, andererseits aber nicht einmal die minimalsten Kenntnisse der deutschen Rechtschreibung vorweisen kann.
Oder sie verdammt gut zu verstecken weiß.
Je nachdem … In diesem Fall ohne „desto“ und „umso“.
© skriptum
So ein schöner Beitrag und dann das: „Besser wie der generelle Verzicht […]“
Wo wir gerade bei deinen ganzen Rechtschreibhilfen sind: der Komparativ (besser, schöner, schlechter, dunkler) wird stets mit „als“ gebildet und damit ein herzliches „Hallo!“ von meiner Seite, die ich immer wieder gerne über Deine Beiträge stolpere.
Was die „Massnahmen“ betrifft, bin ich ein wenig gespalten – einerseits erschließt mir aus deutscher Sicht diese Schreibweise nicht, andererseits ist mir nur zu sehr bewusst, dass das Eszett eben eine mehr oder minder deutsche Erfindung ist, die sich zum Beispiel im Schweizer Hochdeutsch nicht niedergeschlagen hat.
Jetzt aber genug geoberlehrert (ich komme mir dessentwegen schon selbst peinlich vor) und Dir weiterhin frohes Schaffen, mögen Uns und Euch und all den anderen die Göttinnen Orthographia und Grammatika gewogen sein,
salü ;-)
Auch “Besser wie der generelle Verzicht […]” war ein Beispiel, wie man es eben nicht machen sollte. Ebenso wie meine Hinweise zu „als“ und „wie“ ;o)
Dass das „ß“ vermutlich sehr bald gänzlich ausgedient hat, liegt in der Natur der Sache. Die Kontinente wachsen sprichwörtlich immer mehr zusammen. Da bleibt es nicht aus, dass ein Buchstabe, der (fast?!) nur in Deutschland verwendet wird, vom Aussterben bedroht ist.
Das Wort „wo“ ist übrigens eines der am häufigsten missbrauchten. Zum Beispiel: „Die Schule, wo man lernen kann“ ist so falsch, dass es mir die Fußnägel hochklappt. „in der“ wäre richtig. Wird das Wort „wo“ 100 Mal verwendet, ergibt es vielleicht in einem Prozent aller Fälle tatsächlich einen Sinn. Alles andere gehört leider ebenso zur immer verquarzter eingesetzten „Umgangs“-Sprache …
Es ist ja nicht notwendig, bei allem immer überkorrekt zu sein. Aber wenn man schon öffentlich schreibt, sollte man es wenigstens können. Wenn ich schon sehe, dass manche Menschen völlig verlernt haben, dass es in Deutschland weiterhin das ‚ß‘ gibt und dass es auch in vielen Fällen Missverständnisse vermeidet, trotzdem stoisch ignoriert wird, weiß ich nicht, ob es Faulheit oder Blödheit ist! :-))
Gut, dass Du in Deinem Kommentar das „ß“ komplett auslassen konntest. Vielleicht solltest Du die Unfähigen schulen? *gg