Normalerweise kenne ich es nur so, dass Firmen durch ihre unsäglichen Flugblätter, Flyer, Prospekte und sonstige Wurfsendungen, viel zu oft adressiert „an SIE persönlich!“, ohne jedoch eine Anrede zu verwenden, über den Faktor „Masse“ versuchen, möglichst viele Konsumenten für sich, ihre Produkte und/oder Dienstleistungen zu interessieren. Soll sein und ist ja auch irgendwie Sinn und Zweck von Werbung. Ach nein: Mittlerweile heißt es ja „Verbraucherinformationen“. Hmm … Daran werde ich mich wohl nie gewöhnen.
Als potentieller Verbraucher fühle ich mich schon verkaspert, wenn ich angeblich persönlich angeschrieben werde, dann jedoch nicht einmal mein Name, sondern nur meine Adresse bekannt ist. Ebenso wie die Adresse aller weiteren Hausbewohner, bei denen auch die Namen fehlen. Warum schreiben die Werbetreibenden nicht einfach „Auch SIE persönlich kommen in den durchaus als zweifelhaft zu definierenden Genuss, unsere wahllos in der Stadt vertickten Werbezettelchen in Ihrem Briefkasten vorzufinden. Viel Spaß beim Entsorgen … in das Altpapier!“? DAS wäre ehrlich. Aber „ehrlich“ kommt ja längst nicht mehr von „Ehre“ oder „lauter“.
Früher störte mich „nur“, dass mein Briefkasten im geschätzten Verhältnis 1 : 4 mit tatsächlicher Post und Werbung befüllt war. Dazu kam dann irgendwann die Frage, was es wohl für eine neue Masche sein soll, dass diese Postwurfsendungen etc. nicht mehr IN die Briefkästen gesteckt werden, sondern grundsätzlich halb drinnen und halb draußen hängen. So kann jeder Vorbeigehende sofort erkennen, welcher der Hausbewohner seinen Briefkasten regelmäßig leert oder welcher möglicherweise im Urlaub oder über das Wochenende aushäusig ist. Wie praktisch. Aber da stehe ich vor, jawoll: Wenn ich sowas an unserem Haus sehe, stecke ich alle Zettelchen ganz in die Briefkästen. Pah! Wäre ja noch schöner …
Die neueste Masche hat jedoch offensichtlich Methode: Inzwischen werden diese unsäglichen Werbebotschaften nicht mehr im Verhältnis 50:50 in die Briefkästen gesteckt resp. raushängen gelassen, sondern sie werden nur mit einer Ecke in die Kästen geschoben, so dass der Großteil noch draußen hängt. Öffne ich nun von innen den Briefkasten und entnehme den Inhalt, fällt das überwiegend raushängende Teil auf die Straße, so dass ich erstmal meine Post schnappe, den Briefkasten verschließe und dann das Haus verlasse, um den Mist aufzuheben und an mich zu nehmen. Soll das ein zusätzlicher Aufmerksamkeitsfaktor sein? Wenn ja, hat das geklappt. Jedes Mal frage ich mich, wer zu blöd ist, etwas ganz in einen Briefkasten zu schmeißen oder zumindest so weit reinzustecken, dass man es von ihnen relativ bequem entnehmen kann.
Doch letztendlich stelle ich mir inzwischen eine ganz andere Frage:
Was soll ich von den Dienstleistungen und/oder Produkten der Werbenden halten, wenn sie in der Auswahl ihrer Zusteller schon zu uninteressiert sind, um sich der Fähigkeiten von Menschen zu bedienen, dessen Intelligenz ausreicht, um etwas ganz in einen Briefkasten zu schieben? Muss ich dann bei dem Beworbenen nicht auch davon ausgehen, dass es dem Verticker völlig schnuppe ist, ob mir das was ich erwerbe gefällt bzw. nützt oder nicht, Hauptsache ich kaufe es und gut isses? Klar für diese Theorie sprechen würde die Tatsache, dass insbesondere die Werbeblättchen eines großen … bzw. inzwischen offensichtlich aus gutem Grund immer kleiner werdenden … Telefon- und Internet-Leitungs-Anbieter die halbe Straße verdrecken, weil genau das die Teile sind, die man dann nach Leerung seines Briefkastens und aushäusigem Rausfallen der Werbung auf der Straße auflesen muss.
Wenn es einem Anbieter schon so egal ist, wie seine Werbung überbracht wird, können Produkte und Dienstleistungen doch eigentlich nur noch schlechter sein, oder? Immerhin gibt man sich doch, solange man auf Kundenfang ist, ganz besonders viel Mühe, die dann leider sehr oft nach Vertragsabschluss nachlässt. Wenn aber das Anwerben von Kunden schon so schlecht ist, will ich lieber gar nicht wissen, wie dann die erworbenen Leistungen aussehen. Und die könnte ich nicht einmal ins Altpapier entsorgen …
© skriptum
[03.05.2007]
Diese Werbebroschüren- bzw. Informationsmaterial verteilenden Mitmenschen arbeiten für niedrigstes Lohnniveau. Vielleicht sind sie deswegen so g’schlampert. Würde man ihnen mehr als 3 Euronen und ein paar Zerquetschte pro Stunde bezahlen, wären sie sicherlich sorgfältiger. ;-)
Den Gedankengang kann ich durchaus nachvollziehen. Solange ordentliche Arbeit kaum noch ordentlich bezahlt wird, dürften sich die obigen „Macken“ noch ausweiten.
Yupp. Und damit sind auch die Geschäftseinbrüche wie z. B. bei Mercedes, dem Einzelhandel usw. zu erklären. Wie sollen die Menschen einkaufen und damit das Inland-Bruttosozialprodukt am Laufen halten, wenn man ihnen kein anständiges Geld bezahlt. Bin gespannt, wann unsere Oberdeppen endlich kapieren, dass mit dem derzeitigen Lohndumping der Ast abgesägt wird, auf dem wir alle sitzen.
Gar nicht. Da sie selbst darunter nicht zu leiden haben …