Erst wollte ich es aussitzen und die Nacht durch warten. Bei meiner Kemenate handelt es sich immerhin um eine Örtlichkeit, die schrillionenfach bequemer ist, als der Ort, um den es geht. Dann hieß es, dass doch noch mit einigen Stunden Verzögerung zu rechnen ist. Also ging ich erstmal ins Bett. Doch seit dem Aufstehen …
Wie angetackert starre ich auf die Mattscheibe. Eine ‚Geburt’ nach der anderen. Und immer wieder das Starren auf ein kleines Rad. Dreht es? Steht es? Warum steht es? Es soll sich weiter drehen!
Was die Techniker und Rettungskräfte in Chile geleistet haben und noch immer vollbringen, zwingt mir jede Form von Hochachtung ab. Und ich leiste sie sehr freiwillig! Zunächst hieß es, dass sie ihre 33 Kumpel voraussichtlich im Dezember zurück an das Tageslicht holen werden. Nun haben wir gerade einmal Oktober.
Seit heute Morgen um 5:11 Uhr kommt ein Bergmann nach dem anderen zurück an die Erdoberfläche. Pro Mann wird ungefähr eine Stunde benötigt. Der siebte Kumpel ist wieder im Leben und der achte bereits auf dem Weg.
Allzu gläubig im hierzulande klassischen Sinne bin ich ja nun erklärtermaßen nicht. Aber heute ist so ein Tag an dem ich innerlich bete: Dafür, dass sich das Rad, an dem die Rettungskapsel geführt wird, weiter drehen möge. Mindestens bis morgen Nachmittag. Unbedingt, bis auch der letzte Kumpel endlich wieder zu seiner Familie darf. Ohne Unterlass, bis alle Bergleute gerettet sind.
Dreh Dich, Rad! Dreh Dich und hör bloß nicht auf!
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Nachtrag
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Stil-Blüten der Berichterstattung auf n-tv (Sendung bis 15 Uhr):
(Die Namen der beiden Grazien konnte ich leider nicht finden)
„Die Kumpel dürfen nur einen maximalen Bauchumfang von 35 Zentimetern haben.“
– Und die Hüftknochen werden vor Betreten der Rettungskapsel gesprengt, oder was? Mensch, ein Baby hat mehr Bauchumfang!
„… wenn morgen früh der letzte Kumpel gerettet wird.“
– Wenn morgen FRÜH der letzte Kumpel gerettet wird, haben sich zwischenzeitlich mindestens 12 in Luft aufgelöst! Aber vielleicht können sie auch überraschend zaubern oder werden in der Kapsel gestapelt.
„… sind bereits 30 Prozent gerettet, 24 Kumpel warten noch.“
– Nochmal langsam: 9 von 33 sind wie viel Prozent?
„… und sie müssen teilweise [Anm.: in der Kapsel] eine Sauerstoffmaske tragen …“
– Ach, nur teilweise?! Zwischendurch nehmen sie sie ab und rauchen erstmal eine, oder was?
„Diese Rettungsaktion dauert nun fast schon neun Stunden an“
– hieß es kurz vor 15 Uhr. Um 5:11 Uhr wurde der erste Kumpel bereits oben aus der Kapsel geholt. Ganz grob: 15 minus 5 = ???
„Auch das macht dieser Moment vergessen in dem Moment“
– HÄ? Moment mal!
Die ersten sind jetzt sicher oben. Wir halten gespannt den Atem an – und hoffen, dass alles weiter so professionell und reibungslos verläuft.
(Gott sei Dank!)
Jedes Mal, wenn dieses Rad still steht, gehen mir die Nackenhaare hoch. Hoffentlich holen die bis morgen Nachmittag wirklich alle so reibungslos hoch, wie die ersten!
Es ist richtig spannend die Lifeticker zu verfolgen, ich hoffe alle Kumpel werden gerettet. Jetzt sind es schon acht, die gerettet sind. Der Neunte fährt soeben nach oben.
Bisher klappt es ja echt wie am Schnürchen. Sogar im wahrsten Sinne des Wortes. Hoffentlich bleibt es so!
Danke – an dich für den Beitraag, an Gott, den es ja vielleicht doch gibt, an die Techniker, an die Männer, die so tapfer dort unten ausgeharrt haben – manchmal ist Technik einfach Wunder-bar!
In der Not halten Mensch und Technik eben doch zusammen. Zum Glück!
Hoffentlich klappt alles.
Damals in Lengede, das liegt in unserem Kreis, da hat mein Vater so geweint, er war auch Bergmann.
Ich erinner mich sehr gut.
GLG Marianne !
Das ging mir schon so, als ich den Film gesehen habe. Wie soll es dann erst Deinem Paps gegangen sein …
Verstehe ich voll und ganz. In meiner Verwandtschaft gab es ganz viele Bergmänner – mitten im Ruhrgebiet.
In dem Fall ist die Betroffenheit natürlich noch persönlicher. Allerdings muss ich gestehen, dass es mich, ohne jedwede persönliche Bindung, auch sehr beschäftigt hat.
Als ich in der Nacht doch ins Bett gegangen bin, weil sich der Beginn noch verzögern „sollte“, habe ich extrem unruhig „Propeller gespielt“ und mich immer wieder gefragt, ob sie wohl schon mit der Rettung angefangen haben. Am nächsten Morgen hatte ich noch nicht einmal Kaffee aufgesetzt, bevor ich mich vor den Fernseher getackert habe.
Und selbst als der Präsident nach der Rettung des 33. Mannes gesprochen hat, war hinter ihm das Rad zu erkennen, auf das ich noch immer starrte. Immerhin waren ja noch Rettungskräfte unten.
ich bete mit dir mit
Das ist gut, liebe vivi!
Die Retter scheinen mittlerweile die Geschwindigkeit sehr erhöht zu haben. Im Moment rechnen sie nicht mehr mit einer Stunde pro Mann, sondern „nur noch“ mit 40 Minuten. Mensch, hoffentlich geht das ratzfatz so reibungslos durch wie bisher!
Noch läuft alles reibungslos, hoffentlich bis zu dem Zeitpunkt, an dem der letzte Kumpel wieder das Tageslicht erblickt. In diesem Fall ist die Technik wirklich ein Segen. Dass alle überlebt haben hat wohl doch mit einer höheren Gewalt zu tun.
Deine Stilblüten sind super, vor allem der Moment des Momentes :-)
LG Ute
Da kamen ja noch viel mehr, liebe Ute. Ich habe echt durchgehalten, bis der letzte Bergleut gegen drei Uhr morgens raus war. Danach minimierte n-tv die Berichterstattung mit der Begründung, dass es ja jetzt nur noch um die technische Abwicklung gehen würde. Entschuldigung! Da waren noch fünf bis sechs Rettungskräfte unten. Nur noch technische Abwicklung? Wie unverschämt ist das denn?
Aber der gestrige Tag war einmal mehr ein Lehrstück: Es ist schon erstaunlich, wer bei welchen Leistungen für Moderationen bezahlt wird. Die „Moderatorin“, die bis drei Uhr die Sendung gefahren hat, …
Ach, ich lasse es lieber. Hauptsache, alle Bergleute UND die Rettungskräfte sind alle wohlbehalten wieder draußen!
Ich freue mich sehr, über die bislang sehr erfolgreiche Rettungsaktion … sowohl für die, die bislang gerettet wurden und für die, die noch gerettet werden, ebenso auch für die, die diese Menschen retten und ihren vollen Einsatz erbracht haben und natürlich für alle betroffenen Familien … und ich hoffe, dass die Aktion bis zum Ende erfolgreich bleibt, bleibt nur abzuwarten, was die Medien jetzt daraus machen …wir werden sehen …
herzliche Grüße
Doris
Liebe Doris, das hat echt alles wie am Schnürchen geklappt. Nachdem die Schwächeren raus waren, wurde ja die „Schlagzahl“ erheblich erhöht. Dann brauchten sie keine Stunde mehr pro Mann, sondern nur noch 20 bis 30 Minuten. Das war eine unglaublich tolle Leistung!
Was die Medien daraus machen? Tja, den Präsidenten versuchte diese unsägliche „Moderatorin“ mehrfach zu verunglimpfen. Er wäre ja nur auf die Medien fixiert etc. Zwei Reporter vor Ort widerlegten diese Unverschämtheit mehrfach aber die „Dame“ ließ sich von ihrer Unterstellung nicht abbringen. Na ja, vielleicht war sie ferngesteuert.
M. E. hätte der Präsident nicht 24 Stunden und länger non stopp vor Ort sein müssen. Er war es aber, begrüßte ausnahmslos jeden Geretteten persönlich und war, lange bevor die „medienträchtige“ Rettung los ging, diverse Male vor Ort um die Arbeiten zu begutachten. Wenn es ihm nur um Medienpräsenz gegangen wäre, hätte es gereicht, am Anfang und am Ende in die Kamera zu grinsen. Aber, na ja: Wenn es keine bösen Schlagzeilen gibt, werden sie eben konstruiert …
Jaaaaa, sie haben es geschafft, ALLE – auch die 5 Hilfskräfte.
Das war auch in den Wochen vorher schon eine Meisterleistung, die Männer nicht durchdrehen zu lassen, sondern sie zu beschäftigen. Mit Sport und allerlei Aktivitäten.
Nun danke ich Gott für seine grosse Güte, alle gerettet zu haben. Alle, die keinen Lohn mehr bekommen haben, seit sie da unten festsassen.
Uuund die Fenix eins bis drei ist/sind eine Weiterentwicklung der Dahlbuschbombe, die ja nie sooo tief runter musste.
Ob Gott oder die Menschen mit ihrer Technik hier die größere Rolle gespielt haben, ist mir egal – Hauptsache alle sind oben und haben keinen psychischen Dauerschaden wie Leute aus dem Krieg, die verschüttet waren.
Das mit dem „Lohn“ fand ich ja irgendwie eigenartig. Blöde Frage, was hätten sie mit ihm da unten anafangen sollen? – Vielleicht haben ihn die angehörigen bekommen? Vielleicht bekommen sie jetzt alles nachgezahlt?
Schön, dass sich eure Dahlbuschbombe bewährt hat.
Liebe CC, da übermerkst Du aber gerade etwas: Wenn Du im Krankenhaus liegen würdest, gäbe es vermutlich niemanden, der Deine Miete und Nebenkosten etc. weiter zahlt, oder?
Bei den Bergleuten liefen die Fixkosten ebenfalls weiter; ihre Familien mussten von irgendwas leben. Wenn dann plötzlich kein Lohn mehr reinkommt und zudem auch noch eine so desaströse Situation herrscht …
Jetzt klarer?
Na ja … nicht nur die 33 haben nichts verdient, sondern sämtliche Arbeiter sind arbeitslos. Die Grube ist ja inzwischen längst komplett geschlossen.
Ich hoffe, dass die 33 nie wieder arbeiten müssen, sondern ausgesorgt haben. Und für alle anderen wünsche ich mir, dass sie schnell wieder Arbeit finden werden!
Ein wahres Wunder, was dort vollbracht wurde. Endlich mal eine Katastrophe mit einem guten Ausgang.
Bleibt zu hoffen, dass dieses schreckliche Erlebnis keine allzu großen traumatischen Folgen hat. Sowohl für die 33 Bergleute, als auch für deren Familien.
I love the way this is written.
Yes, the rescue was nothing short of intense drama.
Thx Ron! I’m so glad, that it’s over now!