Wie kann man nur so müde sein? Kein Satz von ihm, der nicht von einem Gähnen zumindest begleitet wurde. Die hundemüde Antwort auf meine lächelnde Frage, ob ich ihn langweile, quittierte er mit einem erneuten Gähnen und so gingen wir schlafen.
In dieser Nacht dauerte es nicht lange, bis er anfing zu schnarchen. Das ist für mich immer wieder das schönst mögliche Signal, mich jetzt auch meinen Träumen hinzugeben. Wohliger kann ich kaum einschlafen, als sein Schnorcheln ganz nah bei mir zu hören. Und so müde wie er war, hätte ich in meinen kühnsten Träumen nicht damit gerechnet, dass dies die Nacht des blanken Terrors werden würde. Kaum war ich Millisekunden vor dem Einschlafen ging’s los:
Sein Arm, in den ich mich gekuschelt hatte, zuckte. Ich dachte, dass er ihn vielleicht gern zurück hätte und wollte ihn frei geben. Doch plötzlich lag er wieder ganz ruhig da und so versuchte ich erneut, einzuschlafen. Doch warum zuckte er plötzlich mit den Füßen? Ich ignorierte es einfach und entschwand ins Reich der Träume.
Es muss kurz danach gewesen sein, als er wieder nervös zuckte. Meine Frage, ob das heute noch was mit Schlafen wird, beantwortete er mit einer wilden Kratzorgie – irgendwo in Richtung Fußbereich. Auch das Knie und der Kopf kamen bei dieser Aktion nicht zu kurz. Lag ich mit einem Affen in Bett oder was?
Plötzlich wieder Ruhe. Ich war gerade dabei einzunicken, als ich glaubte, skalpiert zu werden. Ja, kann’s denn wahr sein? Dieser Knispel. Was hat er denn jetzt schon wieder? Na klasse, seine Uhr … in meinen Haaren … Könnte er jetzt bitte mal aufhören, an meinem Kopf rumzuziehen? Wenn ich nicht so dermaßen müde wäre, würde ich jetzt was sagen. Aber meine Stimme versagt mir einfach den Dienst. Versuche ich eben einfach nooochmal, einzuschlafen.
Und was zuckt ER jetzt hier nervös rum? ICH bin gerade skalpiert worden. Zucke ich? Nein. Ich will jetzt nur endlich SCHLAFEN!!! Hallo? Was soll DAS denn nun? Warum dreht er wie ein Irrer seinen Kopf im Kissen hin und her? Träumt er vom Tennis oder was? Ja ganz toll … Jetzt kommen von seinem Rumgezappel auch noch 100 cm Kuscheltier auf mich zuge … ah! Abgefangen … Man gut, dass er noch wach war. Nein! WAS WAR DAS DENN??? Ach ja, die Weingläser. Na danke. Bis morgen früh dürfte sich der Rotwein mit dem Teppich vereinigt haben. Schön, morgens aufzustehen und als erstes in etwas Nasses zu treten! Na ja, vielleicht ist das Ansporn genug, dass er sich nun endlich um die längst versprochenen Nachttische kümmert.
So, war‘s das jetzt für diese Nacht mit Special-Effects oder was? Langsam reicht es echt. Boah! Und mein Kopf tut weh. Er hat mich echt skalpiert … Na warte!
Das dürfte es ja wohl jetzt gewesen sein, oder? Vorhin war nicht ein einziger Satz möglich, ohne dass er mich breit angegähnt hat. Langsam dürfte doch wohl seine Energie, mich mitten in meinem Urlaub neurotisch vom Schlafen abzuhalten, erschöpft sein.
WAS IST DENN JETZT SCHON WIEDER? Was nestelt er denn nun noch an der Bettdecke rum? Kann jetzt endlich mal Ruhe sein? Nö, wohl nicht. Was will er denn jetzt noch? Warum schubbert er mit seinem Fuß an meinem Bein rum? „AUTSCH! MANN! Willst Du Deine Fußnägel eigentlich so lange wachsen lassen, bis das Guinness-Buch einen Antrag auf Rekord-Veröffentlichung stellt? Oder was?“ Gleich werde ich echt sauer. Okay, letzter Schlaf-Versuch, bevor ich ihn einfach umbringe …
Oh man, und ständig dieses Krachen lassen seiner Knochen. Toll! Kopfkratzen, Decke wenden. Jetzt bleibt ja wohl kaum noch was, um mich vom Schlafen abzuhalten, oder? Also Ruhe jetzt und guuuuute Nacht! Mal sehen, ob er nun endlich still liegen wird. Ein letzter Versuch, mich bei ihm anzukuscheln …
Nein. Nein, nein, nein, nein, NEIN! WAS IST JETZT NOCH? Ich gebe es auf. Wo will er denn jetzt hin? Warum steht er nicht einfach auf? Wäre wohl zu einfach. Stattdessen kriecht er wie eine Schnecke im Bett rum. Letztendlich wird er doch sowieso aufstehen. Warum nicht kurz und schmerzlos? AUTSCH! Nicht schmerzvoll … oh man, mein Bein. Er hasst mich … er MUSS mich hassen. Warum sonst sollte er versuchen, mich durch Schlafentzug zu töten und mich im Rahmen des Abschlusses dieses Vorhabens vollends zu verstümmeln? Warum sonst?
Entschuldigung … ja toll. Das hilft mir jetzt auch nicht so ganz direkt weiter. Darf ich jetzt bitte endlich schlafen, ja? Danke! Oh nein, ist er jetzt auch noch in die Scherben der Weingläser getreten? Kann nicht wahr sein. Kann wirklich nicht wahr sein. Wie kann ein einzelner Mensch so paddelig sein? WIE? Ich fasse es nicht! Aber: Respekt. Ich glaube, ICH hätte gefiept oder so. Er trägt es wie ein Mann. Na endlich, er geht ins Badezimmer. Ruhe! Ich darf endlich schlafen … darf ich?
Nein! Natürlich nicht. Was randaliert er denn nun noch im Badezimmer rum? Oh je … das Regal. DAS fehlt jetzt noch. Wehe, wenn er in seiner diesnächtlichen Paddeligkeit auch noch das Regal umschmeißt. Wie ruhig kann Frau eigentlich in einer solchen Nacht bleiben? Stehe ich auf und sehe nach, was er angestellt hat? Nö! Das soll er mal schön selber in Ordnung bringen. Was war denn DAS für ein Geräusch? Doch noch irgendwas umgefallen? Egal, ich will jetzt endlich einfach schlafen. Mal sehen, ob ich seiner Geräusch-Kulisse mittels meiner Bettdecke über meinem Kopf entgehen kann.
Gut, dass ich ausschlafen kann. Ist ja wenigstens eine reelle Chance, den Tag zur Nacht zu machen. Ich muss mir nur noch was einfallen lassen, wie ich ihn wenigstens für ein paar Stunden aus dem Haus bekomme. Und dann schlafen … nur noch und endlich schlaaaafen!
Der Wecker … ich bringe ihn um! Warum stellt er diesen verdammten Wecker? Wo ist das Mistding? Da. Na warte … komm DU mir in die Nähe des Bettes! Und jetzt auch noch … oh nein … Das Regal … das WAR das Regal … Wo ist … DA ist er. Mal sehen, ob er fangen kann … Na klasse! Jetzt hängt die Steckdose auch noch am Kabel. Tja Babe, hättest sie vielleicht doch mal reparieren sollen. Gleich lach ich mich kaputt … Oh verdammt, warum weicht er denn aus? Nein! Der Fernseher … Wecker in Fernseher … merken: Kommt nicht gut! Na ja, im Wohnzimmer haben wir ja noch einen zweiten.
Mist! Das war jetzt wohl mein Fehler. Ich versuch’s mal einfach mit Decke über den Kopf ziehen. Es soll ja zwischen Himmel und Erde möglich sein, irgendwann einfach vor Erschöpfung einzuschlafen … Ich tu‘ einfach so, als hätte ich es nicht bemerkt. Hauptsache, er gibt jetzt endlich Ruhe!
Warum. Warum zum Henker riecht es hier nach meinem Parfum? Ist er jetzt völlig durchgedreht? Ich glaube, damit hätte ich dann ein wirklich ernstes Problem. ER mit MEINEM Parfum? Och nö … bitte nicht. Egal. Ich bin hundemüde. Ich MUSS jetzt schlafen! Hoffentlich gibt er jetzt endlich Ruhe!
Er zieht sich an … er zieht sich tatsächlich an. Es gibt DOCH einen Gott! Er geht weg. Wo will er bloß heute um diese Zeit hin? Und warum stöhnt er so rum? Poh, kann er abends seine Klamotten nicht in den Wäschekorb schmeißen? Jetzt zieht er die gleichen Plünnen nochmal an … Na ja, wem’s gefällt. Boah! WASCHEN, Babe. Waschen ist meist ein trefflicher Trick, um den Deo-Verbrauch nicht ins Unermessliche zu steigern. Igitt! Stinkt das … Wie soll ich dabei bloß schlafen?
Die Tür. Ich glaub’s ja nicht. Er hat die Tür zugezogen. Hat er überhaupt seine Schlüssel mitgenommen? Honey, glaub bloß nicht, dass ich Dich freiwillig jemals wieder ins Haus lasse.
Ruhe … wow, ist das ein schöne Geräusch … KEIN Geräusch. Er ist echt weggegangen. Ich kann schlafen. Kann ich? Klasse, jetzt bin ich wach. Okay, Kaffee trinken und erstmal durchatmen. Wie spät ist es eigentlich? WAS? Erst halb sieben?
Ha! Ich lach mich kaputt. Da liegt sein Hausschlüssel, Autoschlüssel, Handy, Ziggis … er hat alles vergessen! Ist er auf der Flucht? Was will er draußen schon so früh? Und vor allem: Warum am Sonntag?
© skriptum
(05/2003)
Das ist ja wirklich eine Gruselgeschichte.
Wobei der eigentliche Horror wohl in dem Kommunikationsdefizit besteht.
Wie einsam man sich fühlen kann, selbst wenn man neben einem geliebten Menschen zu schlafen versucht.. hab ich schon selber erlebt.
Is nich schön, wenn Frauen immer voraussetzen, Männer müssten Gedanken lesen können.
EPIC FAIL
;o)
Wie soll man auch kommunizieren, wenn einer immer nur gähnt? Gähnisch kann ich doch nicht! *tse
Hmm. In diesem Fall ist wohl eher von Mann vorausgesetzt worden, dass Frau Gedanken lesen kann. Dafür war ich allerdings irgendwann deutlich zu müde! Schlafentzug ist nun einmal Folter, lieber Waldbär! ;)
Liebe scriptum,
also ich behaupte jetzt mal ganz dreist, daß Frauen besser „Gedanken lesen“ können als Männer.
Einfach aufgrund der Tatsache, daß Männer wesentlich einfacher gestrickt sind.
Und wenn Frau dann trotzdem nicht ansagt, was Sache ist, ist Mann aufgeschmissen, und lernt halt nix dazu, weil ihm die Chance dazu nicht gegeben wird. Feedback, das auch verstanden werden kann bei testosteronbedingt eingeschränkter Empathie, ist essentiell.
Zaunpfähle können beim Winken helfen!
;o)
lg
Waldbaer
Jou. Wenn dann aber die Zaunpfähle geschnappt werden, um ein Carport daraus zu bauen, statt wie „vorgeschlagen“ einen neuen Wäscheständer, und sich anschließend die Welt umgekehrt dreht, weil sich die Begeisterung in durchaus überschaubarem Rahmen hält und auf die Frage, was denn nun am Carport falsch sein soll, der Korb mit dem Kilos klatschnasser Wäsche rummsend auf den Boden knallt, samt Nervenkostüm versteht sich, dann hat man als Frau irgendwann auch keinen Bock mehr, mit dem Zaunpfahl (an dem ein Plakat mit unmissverständlicher Aufschrift hängt) zu winken. Dann bleibt nur: Mann aus dem Weg und selbst ist die Frau! ;o)
Ich hab mich schon ein bisschen über mich selbst gewundert, wieso ich es derart mit winkenden Zaunpfählen habe.
Vermutlich bin ich etwas traumatisiert aus einer vergangenen 6 jährigen Beziehung, in der es keine Zaunpfähle gab.
Wenn man genug davon hätte, könnte man zuerst einen Wäscheständer bauen, und wenn dann noch genug übrig sind, vielleicht einen Carport. Oder doch lieber einen Wintergarten. Wintergarten wär schöner. Oder einen offenen Kamin..
Ich brauch ja gar keine Zaunpfähle, mir würde Kleingedrucktes auf einem PostIt reichen. Ey, isch kann konkred Origami. Dolle Sache, macht Spass. ;o)
Aber da war nix. Nicht auf Rückfrage, nicht auf (fieser und böser, ich schäme mich dafür) Provokation.. Nix. Keine Reaktion.
Ich stand mit leeren Händen da. Keine Zaunpfähle, keine PostIts, keine Ahnung..
Sehr großes Gefühl von Einsamkeit, und das nach sechs Jahren.
Da blieb nur eins: Der Waldbär geht zurück in seine Höhle.
Traurig.
Aber dazugelernt: Ohne Zaunpfähle wird das nix.
So. Punkt. ;o)
Eines sollte man allerdings wirklich können: Sich klar ausdrücken oder die Jonglage mit Zaunpfählen beherrschen.
Oder man legt in Anbetracht eines Stapels Holz einfach gemeinsam Hand an und sieht, was dabei heraus kommt! ;)
Nach dieser Geschichte fühle ich mich selbst schon unausgeschlafen und übermüdet :-) Wunderbar geschrieben.
So, und jetzt mache ich einen Mittagsschlaf :-)
Ich könnte mich auch schon wieder ablegen, liebe Ute. Das ist soooo trüb da draußen. Das Tageslicht müht sich ja redlich aber irgendwie will es so gar nicht klappen.
Da kann ich auch ein Lied von singen:
;)
Du verschwandest auf leisen Sohlen.
Wolltest nur Zigaretten holen.
Ich wart‘ nicht auf deine Wiederkehr,
denn – ich rauch‘ nicht mehr !
Ich rauche zwar noch aber ich warte nicht (mehr). Gilt das auch, liebe Eva?! ;)
Tina, für solche Situationen ist es hervorragend, entweder einen Holzhammer oder Narkosespray im Haus zu haben: Beides verschafft einige Zeit Ruhe, um einschlafen zu können.
Lieben Gruß von mir
Och, liebste CC, wenn der Angriff überraschend genug kommt, verfüge ich über ungeahnte Kräfte. Das durfte ich ja leidlich und doch zum Glück schon feststellen. Insofern brauche ich kein Narkosespray oder Holzhammer. Dann geht es auch mit ganz natürlichen Kräften! ;)
Kreisch! Das wäre ja was für mich. Du musst ja ein Gemüt wie ein Schaukelpferd haben. Ich hätte mir das eine Viertelstunde angetan und wäre dann mit meinem Bettzeug aufs Sofa geschlichen.
Frauen in unserem Alter brauchen jede Minute ihren Schönheitsschlaf.
Der letzte Satz stimmt natürlich. Und wenn ich vorher gewusst hätte, dass es sowas wie eine Endlos-Schleife wird, wäre ich wohl auch gleich umgezogen.
Aber … Kennst Du das, wenn Du glaubst, eine Millisekunde vorm Einschlafen zu sein? Das denkst Du zwar mitunter nach drei Stunden noch immer aber es könnte ja sein, dass es doch gleich klappt. Und wozu dann noch aufstehen? ;)
Das passiert ja leider auch umgekehrt und ich ziehe dann sofort ins andere Zimmer, das geht immer:-)
Schnarchen kann echt zur Folter werden, aber hallo und deshalb hilft nur umziehen oder Kissen auf den Kopf, aber das waere dann wieder zu …………:-)
saludos Ruediger
Och, lieber Rüdiger, mit normalem Schnarchen habe ich ja kein Problem. Das mag ich sogar. Aber der oben beschriebene „Terror“ ging ja nun weit über das Schnarchen hinaus. Das war fast schon ein Attentat, jawoll!
;o)