Ich kann mich einfach nicht entscheiden. Womit soll ich nur anfangen?
Damit, dass es auf dieser Welt doch eine Weckvorrichtung gibt, die keine Sekunde Verzögerung zulässt, bis ich nicht nur die Augen aufschlage (mit Karacho!), sondern zeitgleich senkrecht neben meinem Bett stehe? Toll wäre es, wenn man das noch exakter terminieren könnte. Oder fange ich besser damit an, dass ein männlicher Vorname ab sofort auf meiner „ich will das nie wieder hören“-Liste steht?
Ich könnte auch damit anfangen, dass ich durch den unvermittelten Einsatz von Schlagbohrmaschinen noch aus meiner Zeit beim Sender massiv geschädigt bin. Im alt ehrwürdigen Anzeiger Hochhaus in Hannover musste seinerzeit die gesamte Fassade aufgebohrt werden. Stück für Stück für Stück für Stück. Das kam zwar unserer Telefonrechnung zugute, da sowieso kein Wort zu verstehen war, zerrte aber gewaltig an den Nerven. Geht das über Monate und spielt sich gefühlthört komplett direkt vor dem eigenen Fenster ab, ist man irgendwann fast reif für die Klapse.
Mittlerweile arbeite ich seit ungefähr sieben Jahren zuhause. Dass es in diesem Wohnpark aus mir noch nicht nachvollziehbaren Gründen ständig lauter zu werden scheint, ist eine Sache. Dass ich heute früh, ausgesprochen unsanft und ohne Ankündigung, von einer Schlagbohrmaschine und der damit unvermeidlich verbundenen Geräuschpegelerhöhung bei Einführung in festes Mauerwerk geweckt wurde, ist eine andere. Von dem Umstand, dass völlig unvermittelt das Bett anfing zu vibrieren, einmal ganz abgesehen (keinen Spruch jetzt! *g).
War es der gellende Schrei, der mich aus meinen Träumen riss? Sowas kann ja etwas Gutes haben. Allerdings zukünftig bitte nie wieder, wenn ich gerade einmal drei Stunden geschlafen habe. Denn das anschließende Einschlafen, insbesondere wenn über Stunden mit Schlag gebohrt wird, gestaltet sich doch recht desaströs bis unmöglich. Eher das Letztere.
Vielleicht hat mich aber doch die Tatsache stutzen lassen, dass sich plötzlich etwas an meinem Balkon vorbei nach oben bewegte? Das ist im zweiten Stock nicht so ganz an der Tagesordnung. Und selbst im Halbschlaf, oder in dem Fall vermutlich bestenfalls 1/17-Schlaf, war ich mir sicher, dass bis gestern Abend an der Brüstung noch keine Leiter stand. Bei genauerer Betrachtung waren es sogar zwei: Eine, damit Wesen aller Art hoch und runter klettern konnten und eine zweite zum Transportieren von Lasten.
Ich habe die putzwunderliche Eigenart, gern vorab informiert zu werden, wenn etwas veranstaltet wird, was für mir unbekannte Menschen eine potentielle Einstiegsmöglichkeit über meinen Balkon in meine Wohnung schafft. Menschen, die ich definitiv nicht in meiner Kemenate haben will. Das mag ein Tick, eine Marotte oder einfach eine Macke sein. Zur Pflege meines Wohlgefühls halte ich es jedoch für zwingend erforderlich. Leider scheint das nicht jeder so zu sehen. Nö, warum auch?! Wenn es nicht die eigene Wohnung ist, die für Einbrecher & Co. zum Einstieg freigegeben wird, ist das ja auch nicht so relevant, hm?!
Nun sind Schlagbohrmaschinen ja relativ laut. Diejenigen, die mit diesen Höllenmaschinen arbeiten, tragen üblicherweise einen Ohrenschutz. Diejenigen, die von den Dingern aus dem Schlaf gerissen werden, üblicherweise nicht. Gleiches trifft auf den Einsatz von Laubsaugern zu. Wenn diese bei einem tendenziellen Hof-Charakter gleichzeitig in einer Stückzahl von sechs eingesetzt werden, muss ich vermutlich den damit verbundenen Lärmpegel nicht näher erläutern. Die sechs Laubsaugerhalter trugen auch Ohrenschützer, ich nicht.
Der Schlagbohrmaschinenbediener da über mir trägt vermutlich ebenfalls Ohrenschützer. Woher ich das weiß? Weil ich ca. eine viertel Stunde benötigt habe, um zu ergründen, was sein permanent gekrähtes „DÄÄÄÄLÄÄÄÄÄÄÄ!!!!!!!!!!“ sein soll. Ich befürchtete schon, er hätte sich in den Fuß gebohrt. Aber Irrtum: Er brüllte nur alle paar Sekunden nach seinem Kollegen „Detlev“. Der wiederum schien sich weder in Ruf- noch in Brüllweite aufzuhalten, was eine mehrfache Wiederholung von „DÄÄÄÄLÄÄÄÄÄÄÄ!!!!!!!!!!“ notwendig zu machen schien. Ich bin ja in solchen Fällen für den Einsatz von Funkgeräten. Aber mich fragt ja wieder keiner.
Ich Dummerchen dachte, dass der Schlagbohrmaschinenbediener möglicherweise irgendwas vergessen hätte, was ihm „DÄÄÄÄLÄÄÄÄÄÄÄ!!!!!!!!!!“ über einen der Zufahrtsgangswege, vorbei an meinem Balkon, rauf auf den darüberliegenden, schicken oder bringen soll. Aber nein, wie blöd, darum ging es natürlich nicht: „DÄÄÄÄLÄÄÄÄÄÄÄ!!!!!!!!!!“ sollte den Schlagbohrmaschinenbediener mal fotografieren. Ich könnte jetzt fragen, wozu. Für Bewerbungsfotos? Soll ich ihm sagen, dass er dafür keine Fotos mehr braucht?
Warum? Weil ich jetzt von zehn runterzählen werde. Wenn dann noch ein einziges Mal „DÄÄÄÄLÄÄÄÄÄÄÄ!!!!!!!!!!“ kommt, hat sich für den Guten jede Form von Bewerbung vorerst sowieso erledigt: Mit zwei gebrochenen Beinen und Armen, sowie diversen Rippenprellungen arbeitet es sich schlecht als Bauarbeiter. Wenn die über Leitern vom Erdboden in den dritten Stock, vorbei an meinem in der zweiten Etage liegenden Balkon, kommen, werde ich es vermögen, ab zweiter Etage aufzusteigen und das eine Stockwerk hochzuklettern. Und dann sei ihm welche höher Macht auch immer gnädig … Dann helfen ihm auch die soeben von „DÄÄÄÄLÄÄÄÄÄÄÄ!!!!!!!!!!“ (noch 9!) angeforderten Knieschoner nix mehr!
Ich weiß noch, wie diese Firma das letzte Mal vor zwei Jahren hier war. Ohne jede Ankündigung war plötzlich das gesamte Haus eingerüstet. Das war für potentielle Überraschungsgäste natürlich noch viel bequemer, als heute diese dusseligen zwei Leitern. Damals gab es keinen „DÄÄÄÄLÄÄÄÄÄÄÄ!!!!!!!!!!“, dafür einen „UWÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ!!!!!!!!!!“. Letzterer klärte seine Kollegin, die nicht gemerkt hatte, dass er unter ihr saß (Sachen gibt’s … *tse) darüber auf, dass sie langsam machen solle, sonst müssten sie noch auf eine andere Baustelle. Er meinte natürlich das Arbeiten … oder das, was sie darunter verstanden.
Wer jetzt jedoch vermutet, dass die beiden besonders gründlich gearbeitet hätten, der irrt. „UWÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ!!!!!!!!!!“ machte seinerzeit ganz in Ruhe bis zum Feierabend Päusken auf meinem Balkon. Ihm dazu einen Kaffee anzubieten, hatte ich mir gerade noch verkniffen. Auch hatte ich darauf verzichtet, ihm ein Polster für den Stuhl (oder zwei, falls seine Kollegin runterkommen wollte) herauszugeben und eine Tischdecke aufzulegen. Das war aber auch nicht notwendig; er fühlte sich offensichtlich auch so, ungefragt sauwohl auf MEINEM Balkon!
Die heutigen Arbeiten ergeben sich aus dem Umstand, dass beim letzten Mal saumäßig gepfuscht worden war und die Firma nun nacharbeiten muss. Oder findet Ihr rote Außen-Klinker schön, an denen bei jedem Regen weiße Farbe herunterläuft, die möglicherweise (nur eine Vermutung, ich bin ja kein Fachmann) gar nicht für die Verwendung im Freien geeignet ist? Ich nicht. Den Einsatz von Schlagbohrmaschinen, wenn ich gerade mal drei Stunden geschlafen habe, finde ich allerdings auch nicht so prall. Und dass „DÄÄÄÄLÄÄÄÄÄÄÄ!!!!!!!!!!“ (noch 8!) eine „doofe Logik“ hat, interessiert mich nicht einmal wenig.
Mittlerweile scheinen sie abzubauen. Allerdings haben sie gerade innerhalb der Diskussion mit einem meiner Nachbarn angedroht, morgen wiederzukommen. Herr Nachbar macht sich (wohlwissend vom letzten Mal?) Sorgen um seine (wirklich!) wunderschönen Rosenbeete an seiner Terrasse. Dort werden dann wohl morgen irgendwann mittenrein zwei Leitern gestellt. Da kennen die Kumpel ja nix. Ist ja auch nicht ihrs, müssen sie ja nicht schonen. Und Nacharbeiten, die doch schon nach zwei Jahren erfolgen … Ja nun, da muss man ja um einen Tag nicht pingelig werden.
Man könnte sich jetzt die Frage stellen, warum die auf der linken Seite des Hauses nicht gleich weiter machen. Es ist erst kurz nach 12 Uhr mittags und dann wären sie an einem Tag fertig. Anscheinend haben sie aber schon Feierabend. Super! Eine Leiter haben sie bis auf die erste Etage eingezogen. Die Nachbarin wird sich freuen. Der zweite Direkt-Zugang auf meinen Balkon steht da nach wie vor. Kann man eine ca. 10 Meter lange Leiter durch Antippen umkippen? Wenn es sein muss, kann ich auch ganz doll tippen! Vielleicht gucke ich gleich mal, wo sie dann landen würde.
Vermutlich haben die Typen einfach viel mehr Spaß daran, mich morgen früh wieder zu absolut unchristlicher Zeit mit einer Schlagbohrmaschinen-Attacke aus dem Schlaf zu reißen, statt die Nummer an einem Tag durchzuziehen. Im Moment ist die plötzliche Ruhe einfach nur unheimlich. Könnte mich bitte mal einer von Euch völlig unvermittelt anbrüllen? Ich spendiere auch einen Kaffee auf meinem Balkon. Und bis morgen früh könnte ich mir eine Schrotflinte besorgen. Wenigstens das werde ich wohl im Verlauf des restlichen Tages entscheiden …
Oh, ich höre gerade, dass es doch heute noch weitergeht. Allerdings auf meiner, nicht auf der anderen Hausseite. „DÄÄÄÄLÄÄÄÄÄÄÄ!!!!!!!!!!“ (noch 7!) soll vier halbe Eimer irgendwas besorgen. Ob ich rausgehe und verrate, dass zwei ganze Eimer dem Transport zuträglicher wären? Nein, dann wird mein Kaffee kalt und ich muss auch erstmal los. Vielleicht sind sie durch, bis ich wieder da bin und wenn nicht, quäle ich Euch vielleicht mit weiteren Berichten. Nur nicht heute. Ich muss unbedingt ganz früh ins Bett. Wer weiß, wann ich morgen geweckt werde?!
Ach Tina, das ist sooo lang, da werde ich später wiederkommen, wenn ich mehr Zeit habe, kann auch spät werden, brauche heute nicht so früh ins Bett :lol:
Du wirst sicher viel Spaß daran haben, liebe fudelchen! ;)
Du tust mir ja schon etwas leid. Und trotzdem habe ich mich jetzt königlich amüsiert beim Lesen deines Beitrages.
Ich wünsche dir eine ruhigere Woche als heute.
Gruß von der Gudrun
So soll es ja auch sein, liebe Gudrun! Der Rest der Woche wird vermutlich nicht ruhiger aber auf jeden Fall besser!
Liebe Grüße von Königin zu Königin! ;)
Oh! 8-O Ich leide mit Dir – Du hast es deutlich genug beschrieben. Allerdings weiß ich jetzt auch wieder, welchen Vorteil das Wohnen im 9. Stock bietet …
Lieber Emil, wenn jemals die Rufer von „DÄÄÄÄLÄÄÄÄÄÄÄ!!!!!!!!!!“ und „UWÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ!!!!!!!!!!“ zusammenarbeiten sollten, schaffen die das bestimmt auch locker bis in den 9. Stock! Und sei es auch nur stimmlich! ;)
Lass uns gegenseitig die Dauen drücken, ja?!
Daumendrücken? Daß die niemals … Ja!
Na ja, dafür ist es bei mir schon zu spät. Aber dann drücke ich Dir wenigstens die Daumen. Umso fester, versteht sich! ;)
Vielleicht kommt ja morgen wenigstens der Däääälääääää nicht mit :-)
Sorry, liebe Tina, du schilderst das, wenn auch lärmgeplagt, so herrlich satirisch.
Wirst du uns morgen verraten, ob die Leiter noch steht oder ob du versehentlich daran gekommen bist? Wie wäre es, wenn du den Bericht vervollständigst und ihn der Baufirma schickst. :-) :-) Aber vermutlich kapieren die das gar nicht.
Die Leitern waren weg, als ich wieder zuhause ankam. Insofern geht es morgen wohl gleich auf der linken Seite des Hauses weiter. Aber ob nun direkt über mir oder schräg über mir … am Lärmpegel dürfte das nicht allzu viel ändern.
Liebe Ute, sowas schreibe ich ja nur, wenn es auch irgendwas zum Lachen gibt. Oder eben nicht, bevor ich selbst darüber lachen kann.
Ich glaube nicht, dass sich die Baufirma dafür interessiert. Die damaligen Geschehnisse, samt Pfusch und „Hinrichtung“ meiner gesamten Bepflanzung, hatte ich der Verwaltung schriftlich mitgeteilt. Ich habe nicht einmal eine Antwort darauf bekommen. Nö, dann schreibe ich lieber hier etwas. Da weiß ich wenigstens, dass es gelesen wird! ;)
Super satirisch geschrieben. Lade die Beiden mal zum Kaffee auf deinen Balkon ein, aber ohne Bohrmaschiene. Ich glaube die bohren dann mit Schalldämpfer. L.G. Ludger
*gg
Meinst Du? Das kann ich aber erst machen, wenn ich wieder milder gestimmt bin.
ich warte mal den morgigen Morgen ab. Mal sehen, ob die beiden den unbeschadet überleben! ;o)
Aaaaalso, die Leiter umkippen, dann können dunkle Gestalten sich frei aussuchen, wo sie die dann anlegen, lach. Vielleicht bist dann ausgerechnet DU die „Auserwählte“ ;-)
Die kommen wieder, immer sehr früh. So sind sie halt.
Ich glaube, in ausgefahrenem Zustand kann man die Teile kaum bewegen. Die muss man vermutlich anstellen und dann langsam ausfahren. Und fahr sie mal zusammen, wenn sie auf einer Holperwiese liegt! *höhö
Ne, ich glaube, dann wäre ich am nächsten Morgen durch lautes Fluchen geweckt worden! ;)
Was habe ich gelacht! Ich habe den Text gleich 2x lesen müssen. Nein, lesen wollen! In diesem Film hätte ich auch mitspielen können. Neee, ich muß immer noch lachen!
Schlaf‘ gut und wenn sie dich morgen früh ärgern sollten, gehe einfach schnurstracks aus dem Bett und auf den Balkon. Wenn du die Typen zerrupft und mit stierigem Blick an siehst… da wächst kein Gras mehr ;o)
Ich stelle mir gerade vor, wir beide hätten hier eine Wohngemeinschaft. Die armen Kerle wären Ostern noch auf der Flucht! *gg
Heute waren sie nicht da. Aber Pech: Ich rechne schon damit, dass sie morgen früh weitermachen. Und morgen muss ich sowieso früh aufstehen. Hoffentlich lesen sie das hier nicht. Dann sind sie nämlich garantiert mucksmäuschenstill … Na ja, hörn wir mal, näch?! ;)
Ostern und Weihnachten drauf, meine Liebe!
Und? Was war geräuschmäßig so los?
Solange ich noch da war, haben sie sich nicht mehr hergetraut. Was sie veranstaltet haben, nachdem ich Landflucht begangen hatte, weiß ich nicht. Inzwischen dürfen sie fertig sein. Wären sie auch, wenn ich noch hier geblieben wäre, allerdings anders! *g
[…] Okay, okay: Aufgrund heftiger Nachfragen und weil es seit heute neues „Material“ gibt, kommt nun eine kurze Fortsetzung zu Immer diese Entscheidungen. […]