Das Thermometer zeigt 6 °C Außentemperatur und die „Bakerstreet“ von Gerry Rafferty versucht, sich ihren Weg in meinen Kopf zu bohren. Kaffee, heiß und dampfend, versucht vergeblich, nach einer schlaf- und traumlosen Nacht irgendwelche Lebensgeister in mir zu wecken. Und langsam merke ich, dass es anstrengend wird. Gedanken schwer wie Blei. Ich lasse nach. Wieder stundenlang wach gelegen. Gegen fünf Uhr aufgegeben. Wind blättert unaufhörlich in den Bäumen und der Regen bildet inzwischen kleine Seen. Statt bei offenem Fenster zu schlafen, könnte ich genauso gut ein Blasorchester neben mein Bett stellen. Die Unruhe wird immer schlimmer. Nicht nur vor den Fenstern.
In meinem Hirn schwirrt alles durcheinander und es fällt mir nicht gerade leicht, mich auf das zu konzentrieren, was im Moment wichtig ist. Nachrichten rauschen an mir vorbei. „9 Grad, Regen“. Es ist kurz nach sechs. Immerhin: Es wird wärmer. Ich fange an, einen Stapel Unterlagen zu sortieren, der es längst ist. Lege ihn weg und merke, dass meine Gedanken in eine Richtung gehen, die ich gerade überhaupt nicht gebrauchen kann. Dennoch gönne ich mir diesen Augenblick, lehne mich zurück, ziehe meine Knie an den Bauch, den Kaffeebecher in meinen Händen. Dann schließe ich die Augen. Und tatsächlich formt sich ein Lächeln in mir. Nur kurz, ganz leise. Angenehm.
Die Welt spekuliert über amerikanische Drohnen, russische Satelliten und den Rückkauf von Abwehrraketen seitens der USA von Libyen. Die Bundeskanzlerin dealt weiter mit Kampfmitteln und Doris Schröder-Köpf will in den Landtag. Wenigstens das Letztere könnte ein Lichtblick sein. Sonst immer das gleiche Palaver, letztendlich um nichts oder gar nichts. Eine Belanglosigkeit wichtiger als die vorherige. Sie interessieren mich alle nicht. Der Wind ist damit beschäftigt, sich zu einem ordentlichen Sturm aufzuplustern. Immerhin ein bisschen tatsächliches Wachstum in diesem Staat. Ob der Knabe jemals arbeitslos wird? In diesem Jahrhundert wohl nicht mehr. Und falls doch: Was bekommt er dann dafür? Einen Frühling?
Der Regen knallt an meine Fenster, als wenn ich ihn reinlassen soll. Einen Teufel werde ich tun. Der Sommer 2011 hat am 26. August stattgefunden und für heute sind mal wieder Unwetter angesagt. Genau das ist es, was mir jetzt noch fehlt. Ganz dringend. Vielleicht sollte ich doch mal Jalousien anbringen. Oder Gardinen. Oder beides. Knut ist durch Siku reinkarniert und französische Frauen laufen mit flüssigem Industrie-Silikon im Geläut herum. Der Bundespräsident klebt weiter an seinem Stuhl, obgleich längst alle vier Beine weggeschossen sind. Er merkt es wohl nicht oder gar nichts mehr. Ebenso, wie die Union, die ihn unbedingt halten will. Aber die wollen ja auch zu Schnutenzwerg um jeden Preis zurück. Danke, keine weiteren Fragen.
Schalkes Rangnick geht es besser und die Suche nach einem verschütteten 10jährigen Mädchen auf Rügen wird endgültig eingestellt. Hoffentlich finden Eltern und Geschwister dennoch irgendwann ihren Frieden! In Heilbronn hat mal wieder jemand um sich geschossen, ein Na‘zi fuhr mit diversen Todesfolgen in eine Menschengruppe und der Iran provoziert mal wieder die USA. Goldman Sachs halbiert angeblich die Gehälter von Top-Managern. Hoffentlich verhungern sie nun nicht. 2011 sollen sie an Gehältern und Boni jeweils zwischen drei und sechseinhalb Millionen Dollar „verdient“ haben. Nach einem hier bisher schneelosen Winter sind anderenorts Skiorte unter Lawinengefahr von der Umwelt abgeschnitten und mein Kaffee ist alle. Die Entscheidung darüber, was davon in meinen vier Wänden das größere Drama ist, verschiebe ich auf später.
Selbst Sweets „Little Willie“ entlockt mir jetzt keine Regung mehr. Es ist viertel vor Acht. Die Schlagbohrmaschine irgendwo im Haus scheint gerade durch zu sein. Vermutlich fängt sie pünktlich zur Mittagsruhe wieder an. Und wenn das vor meinem Fenster tatsächlich Winter ist, hätte ich gern ein bisschen Herbst zurück. Ganz kurz zwischendurch, nur um etwas mehr Wärme als im Sommer zu spüren. Das Gefühl zu haben, mich einfach fallenlassen zu können. Anzulehnen. Ruhe zu finden. Vorzugsweise sogar ein wenig Schlaf. Ich überlege, ob irgendeine höhere Macht einfach nur kleine perverse Spielchen mit mir spielt. Hey, falls es Dich wirklich gibt: Wenn Du mir schon tage- und nächtelang den Schlaf raubst, so lass mir doch bitte wenigstens meine Träume …
Ich war da und kann auch traumhafte Temperaturen aus dem schönen Gera melden. Bis bald, du blonder Rauscheengel…
Dass Du wieder da bist, versetzt mich ja tatsächlich in einen Rausch, mönsch! ;o) Schön das! Über das Wetter in Hannover rede ich nicht, das wäre es nicht wert. Duweißtschonwasichmeine.
Ich kann mir denken, was du wieder gelitten hast, denn es war Vollmond. Ich habe Bände voller Quatsch geträumt, alles Stationen aus dem Damals und Jetzt, miteinander verwoben, aber in völliger Schieflage.
Ich hoffe, deine nächste Nacht wird um Längen besser.
Mitfühlende Grüße
Anna-Lena
Uiuiui, jetzt habe ich Zweifel … Ich glaube, dann war es mir lieber, nicht zu schlafen und somit traumlos die Nächte zu verbringen.
Hoffentlich konntest Du das Traum-Chaos mittlerweile ordnen oder zumindest ad acta legen, liebe Anna-Lena!
Mitfühlende Grüße retour mit den gleichen Wünschen für Dich!
Meechen, was machst du bloß falsch oder richtig, dass du mit so wenig Schlaf gestraft bist? Du schläfst ohne Sorgen nicht halb so gut wie ich mit Sorgen – ich würde dir so gern ein paar Stunden von mir abgeben – pro Nacht!
Mit Gruß von mir
Weißte was, liebe CC? Ich würde sie glatt nehmen. Also vooorsichtig! ;o)
Wenn ich gedanklich auf irgendwas brüten würde, dann würde ich es schnellstmöglich aus der Welt schaffen und dann hoffentlich schlafen können. Aber ich liege echt nur ohne Gegrübele wach und fange irgendwann aus Langeweile an, mit den Füßen zu wippen oder ähnlich Aufregendes. Bis ich aufgebe und dann doch wieder am Rechner sitze zum Arbeiten.
Hach, na ja, es gibt noch Schlimmeres. Das ist sicher!
Danke und drüx!
Toll geschrieben. Aber die Situation ist nicht so angenehm. Lass dich nicht von schlechten Nachrichten verrückt machen. Denke positiv dann wirst du auch wieder mehr schlaf finden. Ich wünsche es dir jedenfalls. L.G. Ludger
Ich werde es versuchen, lieber Ludger, danke!
Dir würde ich jederzeit etwas Schlaf abgeben. Drängel mal die Belanglosigkeiten raus aus dem Kopf und manch Platz für deine Träume. Du brauchst sie doch.
Einen Gruß von der Gudrun
Ohne Träume ist es irgendwie öde, hm? Ja, ich hoffe sehr, dass sie bald wiederkommen. Natürlich nur die Guten, wenn ich so vermessen sein darf.
Liebe Grüße auch an Dich!
Eine Hütte irgendwo in Polynesien wär nicht schlecht.
Dicht am Meer, für den Rest des Lebens. Oder bis zum nächsten Zunami. :-)
Och, na ja. Die würde ich zur Not auch mal zwischendurch nehmen. Klar doch, man gönnt sich ja sonst nüscht, näch?! Aber die Nummer mit dem Tsunami lassen wir weg. Versprochen? *büddö