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… weißt Du noch?

Wie viel und wie lange ist ein einzelner Mensch in der Lage zu erdulden und zu ertragen, Rückschläge hinzunehmen, wieder aufzustehen und wieder zu lächeln? Wie lange? Und wie ist es, wenn man dann einfach nicht mehr will?

Ach Granny, nun liegst Du hier und ich fühle Deine kalte Hand. Sie wollen Dich nicht gehen lassen. Immer wieder wirst Du mit Spritzen traktiert und am Leben gehalten. Am Leben? Granny sag mal, was fühlst Du? Hast Du Schmerzen? Kann ich irgendwas für Dich tun?

Granny, was denkst Du? Geht Dir Dein Leben durch den Kopf? Krankheiten, die Du besiegt hast? Der Verlust Deines Mannes im Krieg, als Paps gerade in Dein Leben getreten war? Dein Leben nach dem Krieg, das sicher nicht immer einfach war? Deine Niederlagen und Siege über das und in Deinem Leben? Siehst Du vielleicht schon Deinen neuen Weg, den Du längst gehen möchtest? Was empfindest Du, jetzt … wo Du hier so liegst und sie Dich mit aller medizinischen Macht hier behalten?

Du sagst längst nichts mehr … Du liegst nur noch so da; ab und zu öffnest Du Deine Augen. Doch Du scheinst nichts mehr von dem zu sehen, was hier in Deinem Krankenzimmer vor sich geht. Nichts mehr wahrzunehmen, was um Dich herum geschieht. Granny, tut Dir irgendwas weh?

Als Du noch nicht so verstummt warst, sagtest Du schon, dass Du nicht mehr willst. Das ist nun einige Zeit her. Doch sie lassen Dich nicht gehen. Mehr und mehr Medikamente werden in Dich reingepumpt. Du isst nichts mehr und trinkst kaum noch. Du wirst immer schwächer und von Deinem Körper ist höchstens noch die Hälfte hier. Granny was passiert hier bloß mit Dir … was tun sie Dir an?

Hey Granny, weißt Du noch … Als ich ganz klein war hast Du mir, immer wenn wir uns sahen, ein Portemonnaie aus Papier gebastelt und eine Mark rein gesteckt. ManOman war das eine Menge Geld für mich kleine Kröte. Und Du hast gelächelt, wenn ich es öffnete und stolz das Markstück entnahm. Irgendwo müsste ich noch eines dieser Portemonnaies haben. Ich werde es mal suchen, ja?

Oder weißt Du noch, als Opa vor vielen Jahren gestorben ist und ich von da an jahrelang jedes Wochenende zu Dir kam. Wir gingen einkaufen und verschmitzt legtest Du während dessen immer eine Tüte von diesen Bonbons in den Einkaufswagen. Als ob ich es nicht ganz genau gesehen hätte. Und später tatest Du so, als wären sie wie zufällig im Einkauf gelandet. Noch heute denke ich jedes Mal, wenn ich diese Bonbons sehe, an Dich und unsere Freitag-Nachmittag-Einkaufstouren … Jedes Mal sehe ich mit den Bonbons auch Dein verschmitztes Lächeln. Als würdest Du es mir aus jeder einzelnen Tüte zuwerfen. Ich fange es …

Granny, Du willst längst gehen. Ich fühle es. Du hast mit diesem Leben abgeschlossen und möchtest nun weiter ziehen. Ich akzeptiere Deinen Wunsch. Auch wenn es mich sehr traurig macht. Doch ich akzeptiere es genau so, wie ich es akzeptiert wissen will, wenn mal meine Zeit gekommen ist. Ich möchte dann auch nicht noch ewig am sog. Leben gehalten werden. Ich möchte gehen, wenn es soweit ist. Und genauso akzeptiere ich diesen Wunsch von Dir.

Hab‘ bitte keine Angst, Granny. Du nimmst etwas von mir mit. Du wirst nicht allein gehen. Du wirst nicht alleine sein. Granny, ich lasse Dich jetzt los. Ist das okay für Dich? Ich lasse Dich gehen. So, wie Du es längst willst. So, wie Du es längst tust. So, wie es längst geschehen soll …

Wir werden uns wiedersehen. Und bis dahin …

…werde Dich vermissen …

Irgendwie.

© marmonemi [2002] / skriptum

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~~~

Das Größte wird das Kleinste sein.
Denn alles gewinnen heißt alles verlieren.

Wir fanden uns,
als wir am wenigsten damit rechneten.

Wir verloren uns,
als wir uns am dringendsten brauchten.

Doch was auch immer war …

Wir werden uns lieben …

Anders vielleicht …

Irgendwann …

*****

Du bist mein Mann. dafür brauche ich keine amtlichen Stempel. Das empfinde ich … seit ich dich kenne. Ich liebe dich und daran wird sich nichts ändern. Das leben ist nicht immer so, wie wir es uns gern stricken würden. Und doch liegt es an uns, das Garn zu besorgen und das Beste daraus zu machen. Die Nadeln sind mit Bedacht zu führen. So zu führen, dass sie nicht stechen. Nicht dich. Nicht mich. Das haben wir nicht geschafft und ich zerbreche daran, dass es dich in meinem Leben nicht mehr gibt.

Du bist mein Mann. Und darauf bin ich stolz. Das ist es was ich wollte. Gewusst hatte ich es nicht. Mit deinem Anteilnehmen an meinem Leben wurde es mir klar. Nun gibt es dich für mich nicht mehr und ich stelle mir die Frage, was nun bleibt. Ein Leben ohne Leben? Nein. Und genau das ist das Grausamste daran. Ich lebe. Ja. Doch wie … ohne dich …

Du bist mein Mann. Fast wären es für immer gewesen. Das Schicksal hat es anders gewollt und vielleicht sind wir gerade daran zerbrochen. Es war wie das Zeigen von Nahrung und das Wegnehmen trotz des Gefühls, am verhungern zu sein. Ich sah die Speise und noch bevor ich dir etwas davon anbieten konnte, war sie schon verdorben. Vielleicht wäre sie nicht gut für uns gewesen. Vielleicht doch. Ich muss mit diesem Verlust fertig werden und ich weiß einfach nicht, wie ich das schaffen soll.

Du bist mein Mann. Gerade jetzt brauche ich dich mehr denn je an meiner Seite. Vielleicht als so etwas wie einen Verbündeten gegen die Natur … gegen das Schicksal, das uns alles nahm. Gegen die Ungerechtigkeit, es uns zu nehmen, noch bevor wir es wirklich hatten.

Du bist mein Mann. Du hast dich mehr und mehr von mir entfernt. Vielleicht aus Hilflosigkeit. Vielleicht weil auch du einfach nicht wusstest, wie mit dieser Situation umzugehen ist. Aber ich wusste es doch auch nicht. Es war so neu. Es tat so weh. Es gab keinen Ausweg. Kein Rechts und kein Links. Nur geradeaus. Und dort war Leere. Grenzenlos. Dunkel. Kalt.

Du bist mein Mann. Wir hätten uns einfach in den Armen halten … festhalten können. Uns gegenseitig Halt geben können. Wärme. Verstehen. Verständnis darin, dass wir es beide nicht verstehen können. Doch es sollte nicht sein. Es hat nicht funktioniert. Trotz aller Liebe. Trotz allen Verlangens. Trotz allem Zukunftswillen. Vielleicht auch gerade deshalb.

Du bist mein Mann. Auch wenn du es nicht mehr sein willst. Du wirst es bleiben. Weil es gar nicht anders geht. Weil es so ist. Weil Bestimmung und Schicksal mit unseren Gefühlen einen Pakt geschlossen haben. Und dem kann ich genauso wenig entfliehen wie du.

Du bist mein Mann. Du wirst es für immer sein. Du hast dich aus meiner Seele gerissen und diese Lücke blutet. Sie wird nicht gesunden. Vielleicht irgendwann vernarben doch niemals wirklich heilen. Denn das was diese Seele ausmachte hast du mit dir genommen …

… dich.

© skriptum
[04+05/2002]


Ich bitte, diese Serie mit der Bedeutung zu verstehen, die sie seit Jahren hat: Abgeschlossene Vergangenheit! Dazu haben im Nachhinein auch einige Erkenntnisse beigetragen, die tatsächlich zu seinem Verhalten geführt hatten und die „sie“ absolut nicht zu vertreten hatte. Erkenntnisse, die sich durchaus früher hätten einstellen können; die man aber nicht sehen will, wenn Schmetterlinge Salti schlagen. Davon abgesehen ist einiges an Fiktion eingeflossen. Also keine Angst: Es ist alles in bester Ordnung! ;o)

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