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Es begab sich zu einer Zeit, … (4)

… in der ich auf unterschiedlichste Weisen mit sog. Promis zu tun hatte. Es handelt sich sowohl um Erlebnisse direkt mit den Promis, als auch um entsprechende Rahmen.

Achtung: Lang, aber (hoffentlich) lesenswert! ;)

Wegen Gianna Nanini

habe ich noch heute etwas gemischte Gefühle. Während ich für einen weltweit bekannten Magazin- und Filmverlag arbeitete, vermieteten wir die riesigen Studios, die seinerzeit über die größte und modernste Lichtanlage Europas verfügten, an diverse Unternehmen und Künstler. Eines Tages hatten wir das durchaus bemerkenswerte Vergnügen mit Gianna Nanini. Die Frau ist ein Quirl, den wohl keiner stoppen kann. Dass ein einziger Mensch dermaßen viel Energie in sich tragen kann, hätte ich bis dahin nicht geglaubt. Die Frau schläft nicht, isst nicht, trinkt nicht und macht scheinbar auch sonst nichts, was andere Menschen schon zur reinen Lebenserhaltung benötigen.

Gianna arbeitet. Ausschließlich. Das ist einerseits lobenswert, andererseits überfordert es jedoch ab einem bestimmten Punkt ihr Umfeld. Die Crew stand regelmäßig kurz vor dem nächsten Nervenzusammenbruch. Gianna ließ sich davon jedoch nicht irritieren. Ich weiß nicht einmal, ob sie es überhaupt mitbekam. Aber dann passierte doch etwas, das sie zunächst stoppte: Gianna sprang von der Bühne, kam blöd auf und zog sich einen Trümmerbruch des Fußes samt Fußgelenks zu. Das steckt selbst eine Gianna Nanini nicht einfach so weg. Ein Kollege fuhr sie sofort ins Krankenhaus, wo sie notärztlich versorgt wurde. Ihre Crew dachte, dass sie nun erstmal Feierabend machen könnten. Immerhin ging es mal wieder deutlich auf Mitternacht zu.

Die Crew verstaute das Equipment, packte die Klamotten ein und gönnte sich noch in Ruhe ein paar Snacks und Getränke. Letzteres war ein klarer Fehler: Frau Nanini stand knapp zwei Stunden später mit eingegipstem Fuß/Gelenk im Tor und fragte vollkommen irritiert, was los sei und warum ihre Crew nicht auf der Bühne war. Die fassungslosen Blicke der Mitarbeiter werde ich nie vergessen. Ergänzen möchte ich jedoch, dass Gianna über wahnsinnig viel Humor verfügt und diesen ebenfalls non stop verbreitet. Ein paar Tage und Nächte mit ihr strapazieren die Lachmuskeln für Jahre. Und die LP, auf deren Cover sie nebst gesamter Band unterschrieben hat, halte ich noch heute in Ehren. Auch wenn ich längst keinen Plattenspieler mehr habe.

Während die Bee Gees

durch Deutschland tourten, arbeitete ich häufig auf Veranstaltungen als Ordnerin. Gerade beim Einlass werden immer Frauen gebraucht, damit die Gästinnen sich nicht damit herausreden können, dass sie sich von einem männlichen Ordner bspw. nicht abtasten lassen. Das kann ich allerdings durchaus verstehen. Dennoch: Je größer die Veranstaltung ist, desto wichtiger sind diese Kontrollen. Ich mag nicht einmal im Ansatz aufzählen, was wir da teilweise einkassieren mussten. Glasflaschen und Stock-Regenschirme lassen sich bei open Air-Veranstaltungen noch logisch erklären. Bei so einigen anderen Gegenständen verweigert mein Gehirn jedoch die Arbeit beim Versuch der Vorstellung, wozu das wohl eingesetzt worden wäre, wenn wir es nicht gefunden und konfisziert hätten. An diesem Tag regnete es wie aus Kübeln und wir waren bis auf die Haut durch.

Im Gegensatz zu den Konzertbesuchern konnten wir keine Schirme aufspannen. Und Cheffe hatte nicht für große Standschirme gesorgt, unter denen wir ein wenig Schutz gefunden hätten. Nachdem der Einlass beendet war, „durfte“ ich noch in den so genannten „Affenkäfig“. Dabei handelt es sich um den Bereich, der direkt vor der Bühne noch einmal abgesperrt ist. Je nach Größe dürfen da noch wenige Hundert oder Tausend Gäste rein. Die Absperrung soll verhindern, dass der Druck auf die Bühne durch Gedränge zu massiv wird. Der Affenkäfig selbst ist innen nochmal umstellt mit Ordnern, deren Aufgabe es ist, darauf zu achten, dass niemand über die Absperrung in den Affenkäfig klettert. Außerdem werden beispielsweise Konzertbesucher, deren Kreislauf schlapp macht, nach vorn weitergereicht und in diesen Bereich verbracht. Von dort geht es dann ins Sani-Zelt.

Ich stand direkt vorn an die Bühne gelehnt. Die Bee Gees kamen und ich muss gestehen, dass ich den Augenkontakt sehr genossen habe. Allerdings nicht lange. Denn durch den Umstand, dass ich, wie gesagt, bis auf die Haut durchnässt war und bereits seit Stunden keine Minute mehr gesessen hatte, machte ich selbst nach wenigen Wimpernaufschlägen schlapp und wurde ins Sani-Zelt gebracht. Der Sanitäter prüfte zunächst, ob ich alkoholisiert war, was natürlich mit Ergebnis Null ausging. Da es noch ruhig war, setzte er sich zu mir und hätschelte mich ein wenig. Plötzlich sah er mich an und meinte sinngemäß: „Weißt Du was? Ich finde Dein Timing echt scheiße!“ Das fand ich allerdings auch. Stundenlang harrte ich aus und ließ mich durchregnen. In dem Moment, als die Bee Gees endlich auf die Bühne kamen und ich ihnen fast hautnah war, fiel ich um. So extrem habe ich auf Promis sonst wirklich nie reagiert! ;o)

Boney M.

habe ich auch in sehr lebhafter Erinnerung. Während einer weiteren Tagesveranstaltung gehörten sie zum Bühnenprogramm. Glücklicherweise hatte ich vorwiegend mit Thomas Pemberton zu tun. Er war seinerzeit der Manager der Gruppe und Ehemann von Liz Mitchell. Thomas ist ein richtig feiner Kerl; sehr umgänglich, höflich und aufmerksam. Das was den Mädels an Ruhe und Bodenständigkeit fehlte, lieferte er. Der Auftritt war perfekt und da er am späten Nachmittag stattfand, hatte sich die Combo von uns ebenfalls Hotelzimmer reservieren lassen. Als wir nachts ins Hotel kamen, füllten wir mit Mitarbeitern und Künstlern fast den gesamten Speisesaal. Wie bereits im vorherigen Teil dieser kleinen Serie unnötiger Weise erwähnt, waren wir allesamt reichlich abgeschossen. Essen, möglichst kein dummes Gequatsche und Bett waren ausreichend für die weitere Gestaltung der Nacht.

Das Essen kam und fast alle griffen müde aber glücklich über die sehr gelungene Veranstaltung zu ihren Bestecken. Wer jetzt allerdings denkt, dass wir einfach essen durften, der irrt. Eines der Mädels von Boney M. (nicht Liz!) stand auf und bat nachdrücklich um Ruhe und unsere Aufmerksamkeit. Sie vermittelte mit knappen Worten, dass wir noch nicht essen dürfen und uns alle erst beim „Herrn“ für die Gaben zu bedanken haben; sie würde nun ein Gebet sprechen. Die ungläubigen Blicke aller anderen Anwesenden brauche ich vermutlich nicht zu beschreiben. Thomas reagierte geistesgegenwärtig, schnappte sich die Dame und ging mit ihr raus. Ich weiß nicht, was die beiden draußen gemacht haben und will es auch nicht wissen. Vermutlich gebetet. Jedenfalls konnten wir endlich in Ruhe essen und dann ab ins Bett!

Martin Kind

ist mir ein absolutes Rätsel. Da der Sender, bei dem ich seinerzeit arbeitete, Anteile an Hannover 96 hat(te?), kam Kind häufig ins Funkhaus. Er ist ausgesprochen höflich und dabei niemals aufgesetzt. Er scheint es wirklich ehrlich zu meinen, wenn er einen anlächelt und einen guten Tag wünscht. Dabei spielt es für ihn absolut keine Rolle, ob er ein Mitglied des Vorstandes oder die Empfangssekretärin vor sich hat. Ich habe ihn generell als sehr nett, aufmerksam und mit offenem Blick erlebt. Und dennoch ist er mir aus für mich unerklärlichen Gründen unangenehm. Das ist mal ein Promi, den ich überhaupt nicht einordnen kann. Es spräche theoretisch nichts dagegen, mit ihm einfach mal einen Kaffee trinken zu gehen. Aber lieber würde ich für den Rest meines Lebens auf Kaffee verzichten und ich habe keine Ahnung warum!

Eine unglaublich rührende Überraschung

erlebte ich Anfang/Mitte der 90er Jahre, als ich wegen meines damaligen Lebensgefährten auf zahlreichen Sechs Tage-Rennen zu Gast war. Er selbst moderiert(e?) das Rennen in Bremen aber natürlich sahen wir uns auch mal in anderen Städten die dortigen „Macharten“ an. Irgendwann verschlug es uns aus diesem Grund nach Köln. Die dortigen 6-Days liefen weitgehend in dem uns bereits bekannten Rahmen ab. Wir saßen auf der Tribüne und hatten einen ausgezeichneten Blick auf die Rennbahn und den Innenraum. Im Letzteren finden sich sowohl die Fahrer, als auch zahlreiche VIPs und gut zahlende Gäste ein.

Den Rummel brauchten wir in Köln allerdings nicht. Wir wollten einfach nur das Rennen und die Organisation ansehen. Während der 6-Days ist man permanenter Beschallung ausgesetzt. Die Moderatoren brüllen gegen den Lärm aus der Halle an und versuchen noch zusätzlich, das Publikum anzuheizen. Wer über empfindliche Ohren verfügt, sollte sich also von dieserlei Veranstaltungen lieber fern halten. Denjenigen, die in dem Punkt unempfindlicher sind und Lust auf eine Menge Spaß haben, sei jedoch das nächste Sechs Tage-Rennen wärmstens empfohlen. Vor allem das übliche Rahmenprogramm! ;)

Als wir nun so auf der Tribüne saßen und marginal Teil des Geschehens waren, wurde es aus uns nicht erkennbarem Grund plötzlich immer ruhiger. Wer 6-Days jemals erlebt hat, der weiß, dass dann irgendwas nicht mit rechten Dingen zugeht oder etwas Überraschendes passiert. In diesem Fall war es das Letztere. Im Innenraum entstand immer mehr Gewusel. Köpfe reckten sich wortlos und bald war ein Punkt erreicht, an dem man in dieser riesigen Halle und trotz Tausender Menschen eine Stecknadel hätte fallen hören können.

Das erste was ich sah war ein gelber Pullunder. Und in ihm steckte Hans-Dietrich Genscher. Als er vollends zu sehen war, brandete in dieser Halle ein Applaus auf, den ich persönlich bis dahin niemals irgendwo erlebt hatte. Die Besucher brüllten und pfiffen vor Begeisterung und kriegten sich gar nicht mehr ein. Noch heute ist H-D Genscher für mich einer der größten und tatsächlichen Politiker. Einer der sehr wenigen. Und mich hatte sein damaliger Auftritt, offensichtlich wie Tausende weiterer Gäste, eiskalt erwischt und vollkommen umgehauen. Es war sehr ergreifend und emotional. In dem Moment wäre ich dann doch gern, wie sonst immer, im Innenraum gewesen! ;)

Als sich die Backstreet Boys

in unserem Sender die Ehre gaben, bildete ich zu der Zeit eine Auszubildende aus. Ich hatte die Phase der Aufregung, wenn sich irgendwo ein Promi sehen ließ, längst hinter mir. Meine Auszubildende nicht. Sie hörte, dass die Backstreet Boys in den Sender kommen würden und bekam fast einen Herzinfarkt. Bettelnd guckte sie mich an und fragte, ob sie in die Redaktion gehen dürfe, um die Jungs zu sehen. Klar durfte sie. Ich fand das ziemlich süß und fragte mich, ob ich früher wohl auch so euphorisch war. Ich glaube nicht aber selbst fällt einem sowas auch nicht auf. Sie ging und es dauerte ewig, bis sie zurückkam.

Als sie kam setzte sie sich schweigend an ihren Schreibtisch und brach in Tränen aus. Ich befürchtete schon, dass einer der Jungs tot umgefallen sei oder sich ein ähnliches Drama abgespielt habe. Aber nein: Meine Auszubildende war einfach nur nervlich fix und fertig. „Ich habe die Backstreet Boys gesehen“ brachte sie gerade noch schluchzend heraus und verfiel dann in dumpfes Brüten. Für den Rest der Woche war sie nicht mehr zu gebrauchen. Aus Achtung vor ihr lachte ich nicht laut los gestehe jedoch, dass sich meine Fußnägel hoch und runter rollten. In dem Moment hoffte ich inständig, dass ich nie so war! ;)

~~~

Das war es jetzt aber wirklich. Voraussichtlich! ;) Außerdem ist sowieso jeder von uns auf seine Weise ein Promi. Die meisten im Positiven, wenige konstant im Negativen. Was soll’s also?! ;o)

Ich hoffe, Ihr hattet Spaß an dieser kleinen Serie!

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Hier gibt es nochmal zum Nachlesen hintereinander weg alle Teile!

 

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Oder: Woran erkennst Du, dass Du dem Internet hoffnungslos verfallen bist?

1) Auf die Frage, wieviele Pole es gibt, antwortest Du mit „Drei: Nordpol, Südpol und Webpol!“.

2) Dich am Wochenende rund um die Uhr in irgendwelchen Threads zu beteiligen, nennst Du „Dates“.

3) Auf die Frage nach Deiner Kontoverbindung nennst Du den Namen Deines virtuellen Kiosks.

4) Jemanden zu lieben oder heiraten zu wollen, den Du nur rein virtuell kennst, findest Du völlig normal.

5) Eine internette Freundschaftliste bezeichnest Du als Dein soziales Umfeld.

6) Wenn Dir in einem persönlichen Gespräch irgendetwas nicht passt, schnauzt Du los mit Verweis auf das „Kreuz oben rechts“.

7) Im Falle längerer Server-Crashs

a) starrst Du völlig verzweifelt auf Deine Tastatur und heulst die F5-Taste an.

b) bekommst Du Schweißausbrüche und Wutanfälle.

c) kramst Du im Medizinschrank panisch nach Anti-Depressiva.

d) erschreckst Du Dich fast zu Tode, wenn Du siehst, dass es draußen nicht immer dunkel ist.

8) Reale Termine nimmst Du nur dann wahr, wenn

a) Du keinen Artikel veröffentlicht hast.

b) kein Artikel von jemand anderem veröffentlicht wurde.

c) es keinen Thread gibt, in dem Du meinst, gebraucht zu werden.

d) sich im Internet nichts als so genanntes „Date“ ergibt.

9) Die Realität hast Du völlig aus den Augen verloren, wenn Du

a) einem Kollegen an seiner Stamm-Pommes-Bude auflauerst und es Geschäftsessen nennst.

b) in den 40er Jahren geboren bist aber stoisch behauptest, „um die 40“ zu sein.

c) Filminhalte als bare Münze nimmst und sie in Artikeln als Dein Privatleben beschreibst.

d) überzeugt davon bist, dass es keiner merkt, wenn Du Dich im Internet mit uralten oder fremden Fotos präsentierst.

10) Eine Leistung zu vollbringen definiert sich für Dich darüber,

a) immer schneller neue Blogs samt Email-Adressen anlegen zu können. Dein Rekord liegt bei 11 Sekunden.

b) mindestens drei Blogger pro 24 Stunden durch Beleidigungen oder Verleumdungen zu brüskieren.

c) pro Woche mindestens einmal gesperrt zu werden.

11) Dass Du Dich bis auf die Knochen lächerlich machst merkst Du selbst dann nicht, wenn Du

a) vorgibst, Literatur-Professor zu sein aber nicht einmal annähernd die aktuelle Rechtschreibung beherrschst.

b) geklaute Texte einstellst und anderen dann erzählst, ihre (selbst geschriebenen) Texte seien scheiße.

c) Dir Neben-Blogs anlegst, um Dich selbst zu beposten, hochzujubeln und mit Dir selbst zu verabreden.

d) es toll findest, jeden Abend besoffen zu sein und Dein eigenes Fake als Drecksau bezeichnest.

12) Wenn Du für ein paar Tage nicht online sein kannst, glaubst Du, es vorher öffentlich beantragen zu müssen.

13) Ein Großteil Deines Urlaubs-Budgets geht dafür drauf, in Internet-Cafes zu sitzen, um online zu sein.

14) Nach Deinem Ausweis gefragt, legst Du einen Ausdruck Deines Internet-Profils vor.

15) Wenn Du Dir in der Bank nicht sicher bist, dass Dein Bar-Scheck gedeckt ist, malst Du als Unterschrift ein *lieblächelbettelflehhihi*.

16) Es macht Dich nicht einmal mehr stutzig, wenn Du Dir über das Internet und über Menschen, die Du real niemals treffen wollen würdest, dermaßen viele Gedanken machst, dass es Dich sogar dazu hinreißt, einen Artikel darüber zu schreiben.

Öhm …

Moment …

Ich muss weg!

© skriptum

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Seit mehr als 30 Jahren ist Krieg ihr Leben. Irgendwie …

Seit fast 20 Jahren begleitet sie mich. Irgendwie …

Ihresgleichen müsste man wohl lange suchen. Eine Journalistin die noch weiß, was investigativer Journalismus wirklich bedeutet und sich an die diesbezüglichen Regeln hält. Immer.

Eine Frau.

Und was für eine …

Antonia Rados

 

Geboren wurde die mehrfache Buchautorin und Politikwissenschaftlerin 1953 in Klagenfurt; studierte in Paris, Salzburg und Bologna. Seit 1979 außenpolitische Redakteurin des Österreichischen Fernsehens und seit 1993 Sonderkorrespondentin Ausland bei RTL. 1995 übernahm sie die Leitung des RTL-Studios in Paris. In Österreich erhielt sie den Pirelli- und den Kritikerpreis. 1991 wurde sie in ihrer Heimat zur „Frau des Jahres“ gewählt. Sie berichtete aus Chile, Südafrika, Rumänien, der arabischen Welt… vom Kosovo- bis hin zum Afghanistan-Krieg… aus nahezu allen Regionen der Welt.

Seit Beginn der kriegerischen Handlungen berichtet Antonia Rados, eine der erfahrensten Krisen- und Kriegsreporterinnen, fast rund um die Uhr live aus … Bagdad.

Rados selbst sieht sich als Pendlerin zwischen der ersten und der dritten Welt. Nicht selten ist das mit sehr vielen Schwierigkeiten und Kompromissen verbunden und – gerade in der islamischen Welt – für eine Frau oftmals mit fast unüberwindlichen Hürden. Damit umzugehen, sich zwar anzupassen aber nicht das Wort verbieten zu lassen, ist eine Form der Berichterstattung die wohl kaum jemand mit so viel Finesse und KnowHow beherrscht wie Rados. Erfahrung ist ihre Art der Vorbereitung. Kaum ein Krisengebiet ist ihr unbekannt. Sie weiß um die Nöte der Menschen und die Skrupellosigkeit mancher Regierungen. Sieht Parallelen und kennt das Weltgeschehen wie ihre Westentasche.

Der Journalist soll informieren, zu Ereignissen „mitnehmen“, Entwicklungen kritisch begleiten, Stellung beziehen und Meinungen äußern. Gerade in Krisensituationen sind diese Grundsätze nicht selten eine sehr verzweigte Kreuzung. Wann darf die eigene Meinung einfließen oder gar überwiegen, wann dürfen nur Fakten präsentiert werden? Und was ist, wenn man Berichte nur auf Spekulationen und Anschein aufbauen kann? Wie ist mit der Tatsache umzugehen, sich einer Zensur beugen zu müssen und was will der Zuschauer überhaupt wissen? Was darf er wissen. Wie viel kann er verkraften?

Rados findet den Weg. Den „goldenen“ Mittelweg, wenn der direkte verbaut ist. Sie lässt die Zuschauer ehrlich und klar deklariert und definiert miterleben, was sie sieht, fühlt, riecht, schmeckt … eben, wie sich die Situation vor Ort tatsächlich darstellt. Der Zuschauer ist live dabei. Erlebt was geschieht und weiß, woran er ist.

„Nur Helden und Idioten haben keine Angst“ ist ein Ausspruch auf den sie sich oft bezieht. Die Lebendigkeit ihrer Berichte schließt Angst ein. Natürlich. Sie scheut sich nicht, auch mal klar zu formulieren „wir wollen hier weg“. Rados hält sich stets vor Augen, dass sie sich freiwillig in Krisengebieten aufhält. Harte Bedingungen schrecken sie nicht. Ihre mittellangen, dunklen Haare wehen ihr ins ungeschminkte Gesicht, wenn sie teils auf und ab wippend und fast schon kindlich gestikulierend, ihre Berichte – mal im Ansatz lächelnd, meist ernst – absetzt. Make-up vermisst sie nicht; Schokolade dafür umso mehr.

Menschlich faszinierend, fachlich kompetent.

Ihre Arbeit bezeichnet sie als befriedigend. Die verschiedenen Facetten der Menschen können sie nicht beängstigen, eher ihre Neugierde stillen. Rados vermittelt mit ihren Berichten Ambiente und Stimmung, Faktenwissen, Hintergründe und stellt Zusammenhänge dar. Und das in jeder Lebenslage. „Wenn jemand Zweifel hat, ob er dieser Situation gewachsen ist, sollte er sich besser nicht für diesen Beruf entscheiden.“ Sie weiß ganz offensichtlich, wovon sie spricht.

Auf die Frage, warum sie sich diesen Beruf ausgesucht hat, antwortete Rados: “Es ist umgekehrt. Der Beruf hat mich einmal gepackt und hält mich fest. Ich kann nichts dagegen tun. Außerdem ist es vielleicht die Gnade eines kurzen Gedächtnis, dass ich immer wieder mit frischer Energie und ohne lähmende Gefühle meine Arbeit verrichten kann. Angst habe ich oft genug. … Außerdem mache ich zwischen den erschütternden ja auch viele schöne Erfahrungen. Ich lerne viele Menschen kennen. Mich interessiert die Welt. Und für mich gibt es keine Alternative.“ Es ist nicht einfach Broterwerb, dem Antonia Rados auf diese Weise nachgeht, es ist mehr: schlicht und einfach ihr Traumberuf.

Rados hat für sich festgestellt, dass sie sich solchen Situationen nach drei Wochen entziehen will, um soz. die Batterien wieder aufzuladen … nachzudenken … eben neue Kraft zu sammeln. Seit Beginn der Eskalation vor ca. sieben Jahren pendelt sie unter anderem zwischen Iran und Irak. Ein Ende ist nicht abzusehen. Vor wenigen Wochen war sie es, die als erste Journalistin aller Zeiten ein persönliches Interview mit dem iranische Präsident Ahmadinedschad führen durfte.

Vor ca. 20 Jahren fing ich an, mich in der sog. Medienlandschaft herum zu tummeln. In dieser Zeit habe ich sehr viele Menschen erlebt … persönlich kennen gelernt. Gerade die Branche des Journalismus hält vieles bereit, was bei näherer Betrachtung dieser Bezeichnung im eigentlichen Sinne nicht gerecht wird. Antonia Rados fiel mir vor 20 Jahren zum ersten Mal auf und meine Begeisterung für ihre Art der Umsetzung des Journalismus hat an keinem einzigen Tag nachgelassen … ganz im Gegenteil.  Ich kann sie nicht immer beneiden, sehrwohl aber jederzeit bewundern.

Gerade im Vergleich zu sehr vielen Kollegen bleibt mir im Hinblick auf sie nur wieder und wieder, den Hut zu ziehen und mit grenzenlosem Respekt ihre Arbeit zu beobachten und anzuerkennen.

Wie gesagt:

Eine Frau.

Und was für eine!

© marmonemi [03/03] / skriptum

[Anm.: Ich hatte den Text erstmalig vor ca. sieben Jahren geschrieben und heute nur leicht modifiziert.]

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