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Wo trifft man putzwunderlichste Menschen? Genau: In öffentlichen Verkehrsmitteln. Letztens suchte ich mir in der U-Bahn einen Sitzplatz. Soweit war auch alles in trockenen Tüchern: Plan gefasst und erfolgreich durchgeführt. Sitzplätze in den hiesigen Bahnen sind meist im Viererblock angeordnet, so dass man zwangsläufig einen Nachbarn und zwei gegenüber Sitzende vorfindet. Zumindest in voll besetzten Bahnen. Auf der anderen Seite sind dann noch zwei gegenüber liegende Sitzplätze. Die Lady neben mir fing mit der ihr bis dahin unbekannten, ihr gegenüber sitzenden, Dame eine Unterhaltung an. Die Eröffnung ergoss sich in der Aufregung darüber, dass Kinder heutzutage schlecht erzogen sind, da sie nicht freiwillig beim Erblicken irgendeines Erwachsenen sofort nahezu panisch vom Sitz springen, um älteren Menschen ebenjenen anzubieten resp. zumindest freizumachen. Die elendig gleiche Diskussion wie so oft, wenn man sich in „Öffis“ fortbewegt. Ich verdrehte also hinter meiner wohl wissend aufgesetzten Sonnenbrille leicht amüsiert die Augen und sah aus dem Fenster.

Nun kann man sich ja eines solchen Dialoges kaum entziehen, wenn man nicht gerade den MP3-Player auf volle Lautstärke stellt, was bei nicht allzu guten Ohrstöpseln natürlich sofort die nächste Diskussion solcher Gesprächspartnerinnen provoziert. Meine Taschen-Mucke hatte ich allerdings nicht bei mir, so dass meine Ohren der vollen Lautstärke dieses zumindest für die Damen ach so interessanten Gespräches ausgesetzt waren. Da spielt es auch keine maßgebliche Rolle, dass meine Ohrstöpsel so gut sind, dass höchstens ich mir die Ohren breche, wenn die Musik auf volle Lautstärke gestellt ist. Den Damen reichte es aber nicht etwa, alle Kinder über einen sprichwörtlichen Kamm zu scheren, mitnichten. Ein auf der anderen Seite der Bahn sitzender Mann, der offensichtlich direkt aus dem Job kam und ziemlich fertig aussah, mischte sich irgendwann ein und kommentierte das Gehörte missbilligend. Es verwundert nicht wirklich, dass er sich sofort eine Kelle dahingehend einfing, ebenso rücksichtslos zu sein, wie die heutige Jugend, da ja auch er der Dame mir schräg gegenüber nicht seinen Platz angeboten habe. Überhaupt seien alle Männer rücksichtslos und unverschämt und es sei ja kein Wunder, dass Kinder heute nicht mehr wüssten, wie sie sich zu benehmen hätten, wenn ihnen ihre Väter solche „Vorbilder“ seien. Kollektives Stutzen ringsherum. Seine fast schon entschuldigende Antwort, dass er den ganzen Tag gearbeitet habe, einfach fix und fertig sei und nur noch nach Hause wolle, ging in dem lautstarken Geschimpfe der beiden Grazien völlig unter.

Die Zahl derer, die ihre Köpfe breit grinsend von den Damen wegdrehten, stieg sekündlich. Auch ich wusste kaum noch, wohin ich meinen Kopf drehen sollte, ohne dass sich, unter Ausschluss meiner Sonnenbrillen geschützten Augen, doch zumindest der Rest meines vor lachen kaum noch zu beherrschenden Gesichts verraten würde. Ins Kreuzfeuer dieser Damen wollte ich nun wirklich nicht geraten. Auch wenn ich weder zur heutigen undankbaren Jugend noch zur Gattung der unverschämten Männer hätte gezählt werden können. Doch so in Fahrt wie diese beiden Ladies waren, hätten sie ganz sicher sofort die nächste „Kategorie Mensch“ in ihre lautstarken Beschwerden über die Menschheit an sich und im Allgemeinen, selbstredend mit Ausnahme älterer Damen, hinzugezogen. Also ließ ich es zu, dass sich meine Fußnägel nach oben rollten, meine Nackenhaare hoch gingen (was bei einer geschätzten Länge von 60 cm möglicherweise recht seltsam aussieht), um nicht einfach laut loszulachen.

Meine mit Vehemenz praktizierte Sturheit, nicht nach außen zeigen zu wollen, wonach mir in erster Linie zumute war, wurde jedoch hart auf die Probe gestellt, als eine der Damen – natürlich zunächst vorsichtig abschätzend, wie ihre Gegenüber darauf zu reagieren gewillt sein würde – die Diskussion darüber eröffnet, dass es die jungen Männer von heute ja auch nicht leicht haben, weil die Frauen von heute nicht mehr das seien, was sie früher mal waren. Sie stieß damit jedoch durchaus auf weit geöffnete Ohren. Dumbo wäre vermutlich vor Neid dumpf umgefallen. In mir machte sich spontan Erleichterung breit, endlich mal im richtigen Moment die Klappe gehalten zu haben. Bei dem armen Kerl auf der anderen Seite der Bahn, der nach dem vorherigen Anpfiff auf halbe Körpergröße geschrumpft in seinem Sitz versunken war, machten sich jedoch erste Lebenszeichen bemerkbar. Anfänglich hatte ich ihn auf ca. 190 cm Körperhöhe bei 100 Kilo Lebendgewicht geschätzt. Davon war inzwischen nicht mehr allzu viel zu sehen. Jetzt jedoch atmete er spontan tief ein. Fast hätte ich versucht sein können anzunehmen, dass er etwas dazu sagen wollen würde. Wenn ja, verkniff er sich das aber und wartete stattdessen gespannt ab, was die Damen als nächstes ausführen würden, was nicht lange auf sich warten ließ:

Die heutigen Frauen seien überhaupt nicht mehr in der Lage, einem richtigen Mann das zu geben was er braucht. Ein schönes Heim, warmes Essen wenn er nachhause kommt und sich um die ordentliche Erziehung von Kindern zu kümmern (hier kam ein kurzer Verweis auf den Anfang des Gesprächs, der hier jedoch aufgrund seiner Wiederholung vernachlässigt werden kann). Heutzutage wären die Frauen egoistisch und würden die Männer nur ausnutzen. Familie würde ihnen überhaupt nichts mehr bedeuten und sie dächten nur noch an ihre Karriere und daran, ihren eigenen Spaß zu haben. Eine wie die Andere. Es gäbe keine Frauen mehr, denen man den eigenen Sohn anvertrauen könne, da man als Mutter ja nie wissen könne, wie lange das hält und wann der Junge lieber wieder zurück wolle. Es spräche natürlich nichts dagegen, wenn ein junger Mann eine Frau kennen lernt. Aber zusammenziehen käme ja nun gar nicht in Frage. Dann müsse sich ja der Junge um alles selbst kümmern, denn die heutigen Frauen würden das ja nicht mehr tun. Die Erzählerin wisse das, denn ihr Sohn lebe schließlich noch bei ihr und sie hätte das oft genug mitbekommen.

Wie viele weit (!) geöffnete Ohren sich exakt in dem Abteil befanden, als Madame gegenüber die Frage stellte „Wie alt ist denn Ihr Sohn?“ habe ich nicht gezählt. Hätte ich auch gar nicht können, da meine eigenen Ohren den Blick auf alles Weitere sich in der Bahn Abspielende versperrten. Als die Antwort „Mein Junge ist 36“ durch die ratternde U-Bahn schallte war jedoch alles aus: Ich prustete einfach nur noch hochgradig befreit los. Eine andere Frau drehte sich blitzartig in Richtung Ausgang und dem Zucken ihrer Schultern war zu entnehmen, dass sie entweder einen akuten Atemstillstand hatte, kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand oder sich vor lachen gleich in die Hose machte. Der zuvor gebeutelte Mann schlug sich die Hände vor sein Gesicht und vibrierte wie ein durchgeknallter Rasenmäher. Der mir gegenüber sitzende, mutmaßlich arabisch stämmige Mann schüttelte fassungslos den Kopf und andere Mitfahrende lachten einfach laut los oder ergriffen fluchtartig die Möglichkeit, sich ans andere Ende des Wagens zu begeben. Die beiden Damen saßen irritiert und wortlos in ihren Sitzen und verstanden wohl nicht so ganz, was sich gerade ereignete.

Davon abgesehen, dass ich vor lachen vermutlich eh kein einziges verständliches Wort herausbekommen hätte, verkniff ich mir die Bemerkung, ihr Sohn könne möglicherweise allein schon aufgrund der ihm anhängenden Mutter und der Tatsache, mit 36 Jahren noch bei Mami zu wohnen, auch in Zukunft keine Frau finden. Ebenso wie die Frage, warum die beiden Damen unbedingt während des Haupt-Berufsverkehrs fahren müssen, wenn sämtliche Busse und Bahnen garantiert gerappelt voll sind, und sie selbst doch (was man dem Gespräch durchaus entnehmen konnte) offensichtlich den ganzen Tag Zeit haben, sich von A nach B zu bewegen. Die Ladies rutschten immer unruhiger werdend auf ihren ihnen offensichtlich per Definition gemeint zustehenden Sitzen hin und her. Ich weiß nicht, ob sie wussten, was das alles zu bedeuten hatte, sah aber, dass sie die Reaktionen der Umstehenden nicht unbedingt als Zustimmung auffassten. Was ja immerhin ein erster Schritt sein könnte. Auch wenn ich mir nicht sicher bin, dass das zwischen den beiden spontan verabredete Kaffeetrinken nebst Parkbesuch auch nur annähernd andere Themen haben würde, als diese eben gehörten. Leider konnte ich nicht in Erfahrung bringen, wann sie sich wo treffen würden, da ich aussteigen musste. Dass die beiden mir nach draußen folgten, war ich zunächst versucht als Drohung aufzufassen. Meine Anschlussverbindung stand jedoch schon bereit und wer weiß, vor was mich der Sprung ins nächste Gefährt so alles bewahrt bis gerettet hat, als ich mich erleichtert in einen der in dem Fall unzähligen freien Sitzplätze fallen ließ …

© skriptum/marmonemi [10/07]

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Wie ist das eigentlich, wenn Fliegen auf dem Bildschirm sitzen und ganz ruhig des nächsten Seitenwechsels harren? Killert das am Bauch? Normalerweise müsste das doch optisch für die Viecher wie eine rasante Achterbahnfahrt sein. Stehen die auf Schwindel? Von Erna, dem Kuschelvieh, kenne ich das ja schon. Mittlerweile hat sich hier aber eine andere Spezies überlegt, sich nicht nur schwerpunktmäßig in meiner Küche aufzuhalten, sondern sich in kürzesten Zeiträumen zu vervielfachen. Und ein Ding davon sitzt. Auf meinem Bildschirm. Und nicht nur das.

Zur Situation:

Ich hatte mir eine Tomatensoße gekocht und zum Schluss, nur noch durchwärmender Weise, gewürfelte frische Paprika untergehoben. Dazu noch Nudeln, von denen ich immer viel zuviel koche, so dass zwangsläufig ein Rest blieb, den ich auf dem Herd abgedeckt stehen ließ.

All das erwähne ich lediglich, weil ich nicht weiß, ob es die Tomaten, die Paprika oder die Nudeln waren. Auf alles werde ich in absehbarer Zeit jedoch verzichten. Denn ich war wohl nicht die Einzige, der das ausgesprochen gut schmeckte. Plötzlich waren sie da. Nach langer Abstinenz fanden sie endlich wieder etwas in meiner Küche und es schmeckte ihnen. Oh ja!

In den letzten Wochen hatte ich sie gelinkt. Insofern verdiene ich die aktuellen Geschehnisse möglicherweise. Ich hatte generell nur so viel Obst und Gemüse eingekauft, wie ich in meinen geliebten „Prima Klima“-Dosen von Tupper unterbringen und im Kühlschrank verstauen konnte. Außerhalb der Kühlzelle befand sich nichts. Rein gar nichts, was von Fruchtfliegen als interessant und erstrebens- resp. fressenswert hätte erachtet werden können.

Reis, Nudeln Gewürze etc. habe ich sowieso immer in Tupper gebunkert. Nur Obst und Gemüse steht üblicherweise offen, nicht im Kühlschrank. Dieses Verfahren hatte ich aus der Not heraus massiv modifiziert. Und prompt fanden die Scheißerchen nix mehr, was sie fressen konnten. Also verpieselten sie sich. Zumindest die meisten von ihnen:

Ein paar hatten geschnallt, dass die Reste von Obst und Gemüse irgendwann sinnvollerweise im Mülleimer landeten und hatten es sich somit innerhalb dieses Behältnisses gemütlich gemacht. Lauerstellung, sozusagen. Wenn ich also etwas in den Müll schmiss, kamen immer so zwei, drei heraus, um sich zu bedanken und sofort zurück in die Kiste zu fliegen. Das ist eine Menge, die ich verkrafte. Alle anderen waren jedoch abgereist.

Bis gestern. Dann kamen sie wieder. Hundertfach.
Ach, was sage ich: Tausendfach!
Pappalapapp: Millionenfach!!! Oder besser noch:

SCHRILLIONEN

dieser Mistviecher!!!!! Ich schwör’s!

Sie machten sich erbarmungslos über die Nudeln auf den Herd her: Einen gläsernen Topfdeckel hatte ich darüber gelegt. Und darunter krabbelten sie, kreuchten, fleuchten und versetzten mir einen riesigen Schreck! Als ich mich gerade umdrehte, um den Deckel vom Mülleimer zu nehmen, um die gesamten Nudelreste, vorzugsweise samt Besucheransturm, direkt entsorgen zu können, traf mich der nächste Schlag: Die nächste Schrillion. Auf dem Mülleimerdeckel! Himmel! Gibt es hier irgendwo ein Frühwarnsystem für Fruchtfliegen? Woher wussten die das alle?

Ich habe selten so dermaßen angeekelt in meiner Küche agiert. Dennoch; es nützte ja nix. Also Deckel ab, Fliegen wegpusten und -schlagen, Nudelsieb aus dem Topf genommen und sofort über den Mülleimer gehoben, Deckel mit voller Ekel-Packung abgenommen, viele Fliegen wegpusten und -schlagen, Nudeln rein, Sack raus, sehr viele Fliegen wegpusten und -schlagen, Sack zuknoten, geschätzte vierzehnmetersiebzig am ausgestreckten Arm vom Körper entfernt halten, durch die Wohnung schleppen, Balkontür auf, Sack raus, Balkontür zu, durchatmen.

Nun musste ich zurück in die Küche. Aber ich wollte nicht. Nicht einmal wenig. Dann sagte ich mir „ich bin groß, ich bin mutig, ich schaffe das“ und ging. Langsam; natürlich! Ich war ja nicht auf der Flucht. Als ich die Tür vorsichtig aufschob, traf mich der nächste Schlag. Wie nennt sich das Zehnfache von Schrillionen? Na, egal. Jedenfalls schwirrten mindestens so viele von ihnen durch meine Küche. Man, war das eine Aufregung! Müll weg, Nudeln weg aber Fliegen da. Und Tina mittendrin. Mit einem Gesichtsausdruck der vermutlich jeden Preis dieser Welt abräumen würde.

Nun behauptet Sa*gro*tan, gegen Schweinegrippe zu helfen. Tina, nicht blöd, denkt sich „Ein Schwein ist um ein Vielfaches größer als eine Fruchtfliege“ und sprüht los. Bis zum Zusammenklappen der Lungenflügel. Erbarmungslos. An den Schrank, auf, an und in den Mülleimer, einfach in den Raum. Einzelne dieser Tyrannen mit Sprühstrahl jagend oder gleich auf Masse … je nachdem. Ich nutzte jede Chance, um den Mistdingern einen Lungenkollaps zu verpassen.

Dachte ich.

Ich höre sie jetzt noch lachen und prusten.

Nein, PRUSTEN, nicht husten!

Das macht denen nämlich gar nix! Nicht einmal wenig! Ich glaube, die stehen sogar drauf. Ich aber nicht. Und nachdem zumindest ich inzwischen an akuter Atemnot litt, knallte ich erst das verdammte Sa*gro*tan auf die Arbeitsfläche und dann hinter mir die Tür zu. Natürlich mit dem festen Vorhaben, diesen Raum nie wieder zu betreten. Das Küchenfenster stand auf kipp, insofern konnten sie mich nicht wegen Freiheitsberaubung belangen. Und dass sie abhauen würden, hoffte ich ja sowieso.

Nun kommt man ja, wenn es um die eigene Küche geht, nicht so ganz umhin, sie doch irgendwann wieder zu betreten. Das tat ich ein paar Stunden später. Ich öffnete langsam die Tür und schaute in die Luft: Alles klar. Dann an die Schränke: Keine einzige Fliege. Dann in Richtung Fenster: Alles frei von Fliegen. Dabei hätte ich es einfach belassen sollen. Ich hätte nach diesem monströsen Erfolg einfach die Tür milde lächelnd hinter mir schließen und zu Bett gehen sollen. Aber das wäre ja zu einfache gewesen. Ich musste natürlich noch in Richtung Mülleimer gucken.

Und da saßen sie. Grinsend und geifernd. Warteten die auf Nachschub, oder was? Wie dreist können solche Viecher eigentlich sein? Ich versuchte es noch ein letztes Mal mit Sa*gro*tan (ich weiß, dass das völliger Unsinn ist aber ein Insekten-Kill-Mittel habe ich nicht. Sowas brauche ich normalerweise gar nicht). Innerhalb einer Sekunde stand ich inmitten von Schrillionen hoch Zehn Fruchtfliegen. Und in Sa*gro*tan; gefühlt bis an die Knie. Und die Viecher? Grinsten sich eins!

Und wenn ich trotz aller Verträumtheit nicht auch ein gehöriges Maß an Realitätssinn besitzen würden, wäre ich gewillt zu schwören, dass diese verdammt Fruchtfliege, die nach wie vor immer wieder auf ihre persönliche Achterbahnfahrt auf meinem Bildschirm wartet, leise vor sich hin säuselt „Komm doch, komm doch! DU schaffst uns nicht; DU NICHT!“. Ich kriege bald ‚ne Klatsche!

Braucht jemand eine Küche?

Oder Nudeln? Reis? Tomaten? Paprika?

Alles in Tupper. Fruchtfliegensicher, sozusagen.

Meistens jedenfalls …

;o)

 

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