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Posts Tagged ‘Schlauch’

Intensivismus

 

[Hinweis: Die Geschehnisse liegen vier Jahre zurück]

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Nachdem ich plötzlich und unerwartet aufgrund mehrfacher Lebensgefahr (Ja, ja … was ich mache, mache ich richtig!) auf einer der städtischen Intensiv-Stationen flachgelegt und über Tage voll verkabelt worden war, beschlich mich einfach nur ein endloses Gefühl der Erleichterung, diese nach einigen Tagen wieder verlassen zu dürfen, um auf normal-Station verlegt zu werden. Die Bilder der Intensiv-Zeit waren noch viel zu verschwommen, als dass ich bereits irgendwas Neues hätte aufnehmen können. So ging es wohl auch der mich anschließend beherbergenden Krankenstation, die mich nicht etwa durch eine ausgebildete Fachkraft, sondern durch eine Schwestern-Schülerin „aufnahm“. Sie stellte mir unzählige Fragen (ich war schon froh, meinen Namen wieder zu wissen) und füllte die erforderlichen Aufnahmebögen aus. Mit meinem Allergieausweis konnte sie rein gar nichts anfangen und notierte sich einfach nur „Quecksilber“. Ich überlegte kurz, ob ich früher möglicherweise an zu vielen Fieber-Thermometern geknabbert habe, verwarf den Gedanken aber gleich wieder. Klar war mir nur, dass bei „Allergien“ die pure Angabe „Quecksilber“ definitiv falsch war. Meinen Vorschlag, für die Unterlagen eine Kopie des Ausweises zu machen, verwarf die Schülerin mit dem Hinweis, wenn der Doc eine Kopie braucht, kann er sie sich ja machen.

Da hätte mir eigentlich schon schwanen können bis müssen, dass ich mich auf dem direktest möglichen Weg befinde, vom Regen unter Umgehung der Traufe in der Scheiße *sorry* zu landen …

Wegen diverser Flüssigkeiten, die nach wie vor in mich rein flossen, hing ich am Tropf. Der einzige im Zimmer. Dieser durfte keinesfalls erst ganz leer laufen, sondern die Flaschen mussten grundsätzlich spätestens kurz vor Ende gegen volle ausgetauscht werden. Auch weil ein bis zum Herz geführter Katheter nach wie vor angelegt war und selbstredend freibleiben musste. Ich wusste das. Die Schülerinnen und Pfleger offensichtlich nicht; einen Arzt hatte ich noch immer nicht zu sehen bekommen. Es war nicht etwa so, dass ich da locker vor mich hin pfeifend in Bermuda-Shorts reinspaziert bin, sondern ich wurde mit einem sog. qualifizierten Krankentransport in diese Klinik verlegt und auf der Trage bis ans Bett gefahren. Obwohl ich ja solche Show-Effekte eigentlich gar nicht mag. Aber anders ging es zu dem Zeitpunkt nicht. Massen von Schülern und Pflegern kamen und gingen aber niemand bemerkte, dass sich der Tropf rapide dem Ende näherte. Irgendwann klingelte ich und zwei Schülerinnen kamen zu mir um sich zu erkundigen, was ich wolle. Auf den inzwischen nahezu ganz leer gelaufenen Tropf aufmerksam gemacht stellten sie beratend fest, dass sie da als Schülerinnen wohl nichts unternehmen dürften. Nach weiterer minutenlanger Beratung (inzwischen staubte der Tropf) beschlossen sie einvernehmlich, einen Pfleger hinzuzuholen. Nebenbei bemerkt: Unter anderem hing ich am Tropf wegen drohender Austrocknung. Hätte mal jemand meine aus der Intensiv-Station mitgelieferten Unterlagen zumindest angesehen, wäre das möglicherweise irgendjemandem aufgefallen. Nachdem der Pfleger weitere Minuten später eingetroffen war, versuchte er, mir einen Vorwurf daraus zu machen, dass ich nicht aufgepasst hätte und der Tropf niemals leer laufen dürfe. Das war das erste Mal in diesen Tagen, dass ich wieder Schimpfworte benutzte und sie sogar sinnvoll anordnen konnte. Glaube ich. Er war dann so gütig, sogar mit einer gewissen Eile neue Flüssigkeiten anzuhängen.

Nachdem ich bereits einige Stunden auf Station lag, kam zum ersten Mal eine Ärztin, blätterte wie wild in meiner Akte hin und her, hinterfragte aber z. B. keinesfalls den Punkt „Allergien“. Immerhin notierte sie meine Bitte, mir nach inzwischen mehreren gefühlt komplett schlaflosen Nächten abends ein Schlafmittel zu verabreichen.

Zur Abendbrot-Zeit kam ein Pfleger, dessen wild abstehender Bart länger war als meine Haare, verteilte zunächst Medikamente und an die Mitpatientinnen Essen. Ich bekam außer meinen Medikamenten (die ich ohne Essen nicht einnehmen darf) nichts. Auf meine Nachfrage hieß es, dass ich nichts zum Essen bekäme, weil ich es ja mit dem Magen hätte. Immerhin fast getroffen: Akut ging es um die Bauchspeicheldrüse. Aber die ist ja ganz in der Nähe … Mein weiterer Hinweis darauf, dass ich auf der Intensiv-Station bereits drei Mahlzeiten am Tag bekommen habe, wurde lächelnd ignoriert und schon war er wieder entschwunden. Einige Minuten später klingelte ich und fragte die dann reinschneiende Schülerin erneut nach Essen. Daraufhin kam ein anderer Pfleger und erklärte mir, dass in meiner Akte angeblich stünde, dass ich nichts essen dürfe. Ich fing – soweit ich es eben schon konnte – an zu rebellieren, woraufhin mir der Gute erklärte, dass es sich hier nicht um eine Intensiv-Station handele, sondern um eine Normalstation und die hätte nur einen einzigen Bereitschaftsarzt für alle und der hätte keine Zeit, sich um mich zu kümmern, nur weil ich etwas gegessen habe, was ich nicht vertrage. Der Spruch hat sogar mir spontan jedwede Kampfbereitschaft genommen. Meine Mitliegerinnen sahen nur erst sich und dann ihn völlig geschockt an. Immerhin quälte ich mir noch raus, er möge sich bitte auf der Intensiv-Station erkundigen, was und vor allem dass ich essen dürfe und mir dann pronto was zum Essen bringen. Er setzte allerdings noch ein, zwei drauf und erklärte lautstark, dass es ihm persönlich völlig egal wäre was mit mir ist, er müsse allerdings haften wenn was passiert und dafür wäre er nicht gut genug versichert. Außerdem wäre die Küche auf fettfreie Kost nicht eingerichtet. Es ging um die Krankenhausküche; nicht etwa um die Pommesbude an der nächsten Ecke! Aber immerhin zog er dann ab und „schon“ eine halbe Stunde später bekam ich acht (ACHT!) Zwieback auf einem Teller mit Häubchen angerichtet (wozu das Häubchen? Hoffte der „Koch“, dass ich sie dann nicht finde?). Eine Auszeichnung für vertrauensbildende Maßnahmen wird dieser Pfleger vermutlich nie bekommen.

Gegen 20 Uhr kam die Nachtschwester und verteilte weitere Medikamente. Ich bekam nichts. Meine Frage nach dem verordneten Schlafmittel wurde beantwortet mit „Kriegen sie nicht“. Ich bestand darauf mit dem Hinweis, dass es die Ärztin in der Akte notiert habe. „Hat sie nicht“ entgegnete die Nachtschwester knapp und ich knappte zurück „Hat sie doch, ich hab’s gesehen!“. Daraufhin erhielt ich einige Zeit später zwei … Zuckerperlen? …, die jedoch keinerlei Wirkung zeigten und Madame entschwand in das Dunkel der Nacht. Ich nicht. Stattdessen lag ich bis viertel vor elf hell wach, bis ich die Nachtschwester heran klingelte. Mit einem vermutlich sogar Tote aufweckenden „WAS?!?“ schlug sie die Tür auf. Ich fragte, ob wir nun aufhören könnten mit Spaßmachen und ich endlich ein Schlafmittel bekommen würde. „Nicht ohne ärztliche Anweisung“ bestritt sie erneut die Anordnung meiner Ärztin. Ich wurde etwas massiver und sie versprach, den Bereitschaftsarzt zu rufen, der solle das dann entscheiden. Eine weitere halbe Stunde später raffelte ich mich mit Infusionsständer und noch immer getragenem, (hinten offenen) OP-Hemdchen auf den Flur, um die Nachtschwester zu suchen, zu finden und möglicherweise direkt umzubringen. Meine erneute Nachfrage quittierte sie mit der lapidaren Bemerkung, ich hätte doch schon was bekommen und nun müsse ich eben Geduld haben. Dass das inzwischen über drei Stunden her sei und keinerlei Wirkung gezeigt habe, würdigte sie nicht als ausreichenden Geduldsbeweis. Meine augenscheinliche Kampfansage (mir fehlten weitere Worte) entwich sie mit dem Hinweis, auf den Arzt zu warten. Ich postierte mich lauernd an ihrer Theke und wartete, mit der einen Hand gestützt an dem Infusionsständer, mit der anderen Hand dieses unsägliche Hemdchen hinten zumindest etwas zuhaltend. Nie hätte ich gedacht, dass in Krankenhäusern nachts so viele Männer über die Flure flitzen. Nur ein Arzt war leider nicht dabei. Und das Krankenhaus war nicht so groß, dass der Arzt, der ja angeblich schon vor einer halben Stunde von der Schwester gerufen worden war, oder eben doch nicht, zwischenzeitlich noch nicht hätte angekommen sein können. Es musste also bald soweit sein und das wollte ich inzwischen stoisch aussitzen bzw. stehen. Nach einer weiteren viertel Stunde forderte mich die Schwester auf, ruhig wieder ins Bett zu gehen, sie würde sich kümmern. „Ja, das merke ich. Darüber haben wir schon gelacht; jetzt will ich ’ne Pille!“ blitzte ich sie an und dann doch schon (…) griff sie zum Telefon und erkundigte sich bei dem Diensthabenden, ob sie mir ein Schlafmittel geben dürfe. Ich bekam dann das zweite Mal ein Placebo und lag bis zum Frühstück wach. Die x-te Nacht in Folge, allein im Krankenhaus. Zuvor zuhause hatte ich auch schon vor Schmerzen nächtelang nicht schlafen können.

Mit dem Wecken rollten zwei Pfleger (oder Praktikanten? Schüler? Pförtner? Putzkräfte?) den Wagen mit den Patientenakten ins Zimmer, nahmen uns Mädels Blut ab, maßen Fieber und Blutdruck und den ganzen Klimbim. Mein linker Arm war stichunfähig, weil inzwischen bereits komplett zerbombt. Am rechten Arm hatte ich wie gesagt nach wie vor den Drei-Wege-Zugang, durch den auch jederzeit Blut abgenommen werden konnte. Man musste wirklich nur einen Hahn aufdrehen, nachdem man die Kanüle angesetzt hat und schon floss mein Herzblut notfalls in Strömen. Aber der Pfleger (???) bestand darauf, meinen linken Arm erneut anzustechen. Angeblich dürfe er an den rechten nicht ran, weil ich ja da eine Infusion dran hängen habe. Dass es sich dabei inzwischen nur noch um Flüssigkeit handelte, um die Leitung frei zu halten, eben UM jederzeit Blut abnehmen zu können, bestritt er und wuchtete mir erneut eine Nadel in den linken Arm. Wie oft ich in diesen Tagen bei ausreichendem Kräfte- und Überwältigungspotential bereit gewesen wäre, einen Mord zu begehen ohne an die Konsequenzen zu denken oder diese zumindest sehr bereitwillig in Kauf zu nehmen, weiß ich nicht mehr. Aber es war sehr oft! Seinen Irrtum klärten wir dann später im Beisein der Ärztin, die über seine Vorgehensweise nur wortlos-loyal mit dem Kopf schüttelte und die Augen verdrehte.

Bei diesem morgendlichen Überfall wurde von den zwei Weißkitteln festgestellt, dass es zwei auf mich lautende Patientenakten gab. In der einen waren alle Intensiv-Unterlagen (mit Angaben zum Essen, Medikamenten, bisherige Versorgung etc.), angelegt einen Tag vor meiner Ankunft und offensichtlich mit allen notwendigen Unterlagen und Angaben ergänzt, und in der anderen lediglich die von der Schülerin ausgefüllten Fragebögen, natürlich auch ohne Schlafmittel-Vermerk, angelegt am Tag meiner Ankunft. Davon abgesehen, dass ich es als desaströs empfinde, dass niemandem aufgefallen ist, dass über eine von der Intensiv-Station kommende Patientin keine Informationen in der (falschen) Akte sind, finde ich es bodenlos, dass es nicht einmal jemand für nötig gehalten hat, sich dafür bei mir zu entschuldigen. Es wurde einfach totgeschwiegen und gut war’s. Aber seit dem bekam ich immerhin – zwar außerordentlich unkreativ aber dennoch – regelmäßig etwas zum Essen. Allerdings geht jeder, der es wagen sollte, mir bis an mein Lebensende zum Abendessen Weißbrot mit Marmelade anzubieten, in direkte Lebensgefahr über! Zum Running-Gag entwickelte sich immerhin bei jedweder zweifelhaften Äußerung oder mitgeteilten Entscheidung die Frage unter uns Mädels, ob das nach Aktenlage entschieden wurde und wenn ja, nach welcher …

Mein OP-Hemdchen war nach Tagen noch immer nicht gewechselt worden, so dass mir eine Zimmerkollegin half, mir etwas anderes aus meinem eigenen Fundus anzuziehen, was jedoch mit all den Schläuchen etc. nicht wirklich als einfach zu bezeichnen war. Das Hemd hängten wir über den Fußteil meines Bettes. Von dort wurde es dann nach zwei Tagen mit der offensichtlich ernst gemeinten Frage „Oder wollen Sie das nochmal anziehen?“ und meinem fassungslosen Kopfschütteln entfernt.

Wir wollten das Krankenhauspersonal aber nicht unnötig mit potentiellen Hilfsanfragen belästigen. Sie waren mutmaßlich sehr überfordert. Eine Mitliegerin bat nach diversen Einläufen um etwas Salbe, weil sie inzwischen nicht mehr nur nicht sitzen, sondern auch nicht mehr liegen konnte. Eine Schwester kam ins Zimmer und teilte ihr mit, da sie ja mit dem Essen fertig sei, solle sie ihr Tablett selbst raus bringen und dann bekäme sie auch Salbe. Anschließend verließ die Schwester mit leeren Händen das Zimmer wieder.

Gleich stark überfordert waren aber auch die Reinigungskräfte. In den vier Tagen, die ich in diesem Zimmer lag, habe ich es nicht ein einziges Mal mitbekommen, dass die Toilette mal geputzt worden wäre. Auch das Wischen des Zimmers gestaltete sich anders, als ich es bisher in Krankenhäusern gesehen hatte: Die Lady kam mit dem angefeuchteten Wischding bereits ins Zimmer geschoben und ohne es auch nur ein einziges Mal auszuspülen, schredderte sie damit den gesamten Boden. Vorzugsweise, während wir gegessen haben. Der (vermutlich) Joghurt, der bereits bei meiner Einlieferung neben meinem Bett breit getreten war, hatte sich in den vier Tagen immerhin soweit verteilt, dass er fast dem Muster im Linoleum entsprach und nicht mehr ganz so deutlich auffiel. Allerdings hatte da ein Pfleger mal getrickst, als mein Tropf nicht lief: Er löste den Schlauch, ließ einfach so auf den Boden (über den Joghurt) etwas von der Infusion ablaufen, steckte alles wieder zusammen, grinste mich an mit „Na also, läuft doch!“ und entschwand. Ein bereits bei meiner Ankunft dort auf dem Boden lungerndes Plastikteil lag jedoch noch immer im Zimmer rum, als ich meine Sachen packte und inzwischen wirklich alles in Kauf nehmend nur noch da raus, vorzugsweise nach Hause, wollte. Wetten, wie weit „sie“ es wohl am jeweiligen Morgen beim „Reinigen“ des Bodens weiter schieben würde, gewannen wir immer. Bis ins Bad hat sie es nur ab und zu geschafft und auch dann nicht bis in jede Ecke, was aber nicht weiter schlimm war: Wenn morgens eine von uns geduscht hatte, stand die Nasszelle Dank der dusseligen und für diese Zwecke – natürlich nur nach meinem ganz subjektiven Empfinden höchst unsinnigen – Duschen-Konstruktion den ganzen Tag unter Wasser. Schade, dass es nicht wenigstens einen Wischer gab, mit dem wir Patienten das Wasser selbst zurück in die Dusche hätten schieben können. Aber so hatten wir alle immer frisch gewaschene (zumindest gewässerte) Füße. Ist ja auch was. Auch das Blatt Toilettenpapier, das tagelang ca. 30 Zentimeter neben der Toilette lag, befand sich dort noch immer, als ich das Krankenhaus verließ. Vielleicht war es aber auch inzwischen aufgrund der ständigen Wasserüberschwappung mit den Fliesen fest verbunden. Das habe ich nicht geprüft. So brennend interessierte mich das dann alles nicht mehr.

Bevor ein Bett, und somit natürlich auch ein Schrank, neu belegt wurden, ließ man den Schränken keinerlei Form von Reinigung angedeihen. Einer nimmt seine Klamotten raus, der nächste packt seine rein und durch mit das. Betten waren noch warm, bevor sie neu belegt wurden. Egal wer noch Minuten zuvor mit welcher Erkrankung in die Decke gehustet, ins Kissen geschwitzt hat oder in die Matratze ge … weiter mag ich darüber gar nicht nachdenken! Es wurde nur schnell frische Bettwäsche (immerhin) aufgezogen und *zack* lag der nächste Patient drin. Davon, dass die Patienten selbst aufpassen mussten, ob sie morgens ihre oder die Medikamente des Nachbarn auf dem Tablett hatten, fange ich jetzt lieber gar nicht erst an. Und wenn es für all das nicht mehrere Zeugen gäbe, hätte vermutlich nicht einmal ich mich getraut, das alles niederzuschreiben. Unglaublich finde ich auch, dass Besucher mit Parkgebühren abgezockt werden! Was kommt als nächstes? Eintrittskartenverkauf vor den Krankenzimmern? Würfelspiele um die Mahlzeiten? Doppelt oder nix: Wer gewinnt darf bei Intensiv-Patienten nach Melodiewunsch die Geräte neu einstellen?

In drei bis vier Monaten muss ich erneut ins Krankenhaus, um eine Folge-OP durchführen zu lassen. Wenn es sein muss werde ich meinen Hausarzt am Montag auf Knien anbetteln, nicht noch einmal in dieses KRANKen-Haus zu müssen. Aber die OP kommt ja dann zum Glück nicht plötzlich und unerwartet, vorzugsweise oder auch nur der Abwechslung halber auch nicht unter Lebensgefahr. Wobei sich mir durchaus die Frage stellt, welche Gefahren bei Niederlegung in einem solchen Krankenhaus überwiegen …

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Vor allem scheint mir qualifiziertes Personal (gut ausgebildete Schwestern, Pfleger) zu fehlen. Nicht, dass es grundsätzlich nicht da wäre, es ist aber m. E. nicht in ausreichendem Maße vorhanden/eingestellt.

Und ohne für mich persönlich nun eine ganz besonders hoch gehängte Latte anbringen zu wollen: Ich kam direkt von der Intensiv-Station, nachdem ich gerade eine dreifache Lebensgefahr (Bauchspeicheldrüse, Lungenentzündung und Austrocknung) überstanden hatte. Mir erscheint es nicht nur logisch, sondern auch dringend geboten, dass solche Patienten mit ganz besonders sorgfältiger Aufmerksamkeit in eine andere Station aufgenommen werden. Stattdessen wurde z. B. aufgrund des Akten-Chaos‘ übersehen, dass ich noch Antibiotikum benötige, was dann am Montag einfach mal vergessen wurde. Ab Dienstag (nachdem die „richtige“ Akte von irgendjemandem entdeckt worden war) bekam ich es dann wieder. Am letzten Tag auf Station hatte ich plötzlich ein Medikament auf dem Tablett, was ich zuvor nicht bekommen hatte, dafür fehlte das inzwischen in Tablettenform verabreichte Antibiotikum. Meine Nachfrage, was das denn sei, wurde mit „Ihre Darmtablette“ beantwortet, die ich überhaupt nicht bekommen sollte/durfte. Meine nächste Frage, wo denn mein Antibiotikum ist, wurde beantwortet mit einem stutzenden Blick und der sich selbst gestellten Frage „Ähm, wo ist das denn jetzt gelandet?“. Sowas darf m. E. einfach nicht passieren!

Ohne Ironie, Sarkasmus bis hin zum Zynismus kann man eine solche Situation wohl kaum überstehen. Bezeichnend finde ich es auch, dass ich z. B. seit dem ich zuhause bin, jede Nacht acht bis neun Stunden wie ein Baby geschlafen habe, und zwar ohne jedwedes Hilfsmittel. Im KH war das absolut unmöglich, weil ich mich nur unglaublich unwohl bis fast schon angeekelt gefühlt habe.

[© skriptum/marmonemi 03.03.2007]

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An dieser Stelle einen wirklich und ehrlich von Herzen kommenden Dank an die liebe Synapse und viele ihrer Kolleginnen und Kollegen, die mir aufgrund dessen, wie sie mit diesen Themen und vor allem mit Patienten umgehen, immer wieder zeigen, dass „das da oben“ wirklich und wahrhaftig nicht der Normalfall ist bzw. sein muss!

 

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Das war der perfekte Platz. Perfekt? Na ja, zumindest einigermaßen. Langsam drängte die Zeit und sie musste sich endlich entscheiden. Diese liegende Amphore war geräumig genug, um darin zu verschwinden. Der Garten war groß und einigermaßen übersichtlich. Menschen gab es zwar einige aber die wären früh genug zu erblicken. Tiere? Ja, Tierspuren gab es einige aber das Risiko musste sie eingehen. Die Zeit drängte und wenn sie nun nicht bald einen Ort fand, an dem es geschehen konnte, würde sie möglicherweise irgendwo ungeschützt … Nein, das ging gar nicht. Hier in diesem Garten würde es passieren. Und die Amphore würde für die nächsten Tage ihr Zuhause sein. Sie kletterte über den Rand und machte es sich gemütlich. Ein letzter prüfender Blick nach draußen aber es war alles ruhig. Völlig erledigt von diesem weiteren aufregenden Tag schlief sie sofort ein.

Am nächsten Tag mussten weitere Vorbereitungen getroffen werden. Etwas Weiches, das sich gut zusammen knüllen ließ, wäre perfekt, um die Amphore noch wohnlicher zu machen. Außerdem sollen ja die kleinen … Ja, etwas Weiches, Warmes musste es sein. Sie ging auf die Suche. Hoch springen konnte sie schon seit einigen Tagen nicht mehr. Jedenfalls nicht wie früher und ohne dass es ihr ein äußerst unangenehmes Gefühl bescherte. Also musste es etwas sein, was sie relativ mühelos erreichen und weg schleppen konnte. In einiger Entfernung sah sie etwas im Wind wehen. Wehendes war immer gut. Also schlich sie hin und prüfte die Lage. Es war niemand zu sehen, der ihr Schwierigkeiten machen konnte. Sie schnappte sich das nächste erreichbare Teil und flitzte los. Außer Atem erreichte sie ihr neues Domizil, verstaute die Beute und ruhte sich erstmal ein wenig aus.

Ziemlich erschrocken wachte sie auf. Bisher hatte sie noch gar nicht geprüft, woher sie etwas zum Essen und Trinken bekommen würde. Immerhin ging es ja nicht nur um sie. Bald würde sie Verantwortung tragen und dafür muss das Eine oder Andere vorher geklärt werden. Sie reckte sich noch einmal genüsslich in ihrem weichen Heim und dann kletterte sie hinaus in die Welt. Über Nacht hatte es geregnet. Wasser war also momentan leicht zu finden. Ob das jedoch in den nächsten Tagen so bleiben würde, war fraglich. Und auf ständigen Regen zu hoffen war nicht nur keine Lösung, sondern sogar denkbar ungünstig. Nachdem sie einige Zeit durch die Gegend gelaufen war, fand sie eine Hecke, unter der ein Schlauch lag. Mit den Jahren wusste sie, was solche Zeichen zu bedeuten hatten. Hier würde sie also vermutlich nahezu jederzeit etwas Wasser finden.

Ihr Magen knurrte mittlerweile bedrohlich. Sie musste endlich etwas Essbares finden. Die in der Nähe zu hörenden Stimmen verhießen üblicherweise, dass dort auch Nahrung nicht allzu weit sein konnte. Momentan war sie jedoch nicht die Schnellste. Sobald man sie entdecken würde, müsste sie fliehen oder zumindest zusehen, dass sie sich so schnell wie möglich in einen sicheren Unterschlupf flüchtet. Das war im Moment recht mühsam, so dass sie eine andere Lösung finden wollte. Aber welche? Ihre übliche Beute entkam ihr mittlerweile fast ständig. Es wurde immer mühsamer, den täglichen Pflichten und Notwendigkeiten nachzukommen. Klar; bald würden auch wieder einfachere Zeiten kommen. Doch bis dahin konnte sie nicht einfach abwarten. Sie musste es wagen und sich den Stimmen nähern. Eine andere Lösung fiel ihr nicht ein.

Aber erstmal würde sie sich noch eine kleine Pause gönnen. Zumindest plante sie das. Aber durch langsame und leise, für sie jedoch deutlich vernehmbare Schritte wurde sie aus ihrem mehr als verdienten Schläfchen gerissen. Als sie die Beine sah, die sich immer mehr ihrem Domizil näherten, wäre sie am liebsten direkt heraus gesprungen, um klar zu machen, wessen Gebiet das hier ist. Doch in letzter Sekunde fiel ihr ein, dass ihre Beweglichkeit im Moment nicht die beste war. Also verharrte sie und hoffte, dass die Beine vorbei gehen würden, ohne sie zu entdecken. Keinen Mucks gab sie von sich und traute sich kaum noch zu atmen. Bewegungslos wartete sie darauf, dass die Gefahr vorbei zog. Die Beine verharrten kurz, gingen dann aber zum Glück einfach wieder weg.

Ihre Erleichterung war so groß, dass sie sich doch noch eine kleine weitere Weile an Ruhe gönnte und prompt wieder einschlief. Als sie aus ihren doch recht unruhigen Träumen erwachte, traute sie ihren Augen kaum: Woher das riesige Tuch kam, was plötzlich vor der Amphore lag, wusste sie nicht. In dem Moment war es ihr auch egal: Ein kurzer Blick nach links und rechts, dann riss sie es einfach in ihre kleine Höhle. Damit erhöhte sich noch einmal merklich die Qualität ihrer Behausung. So war es herrlich; bis in den letzten Winkel war nun alles schön weich und warm. Wenn sie nun noch eine Lösung für das Futter-Problem finden würde, wäre wirklich alles perfekt. Doch halt: Die Beine! Da waren sie schon wieder. Sie kamen näher, noch näher, ganz nah und … stopp.

Außer ihrer Atmung stellte sie sogar jeden bloßen Gedanken an die geringste Bewegung sofort ein. Sollte ihr kleines Nest doch noch in letzter Sekunde auffliegen? Die Beine verharrten und wollten sich einfach nicht wieder weg bewegen. „Das Tuch!“ schoss es ihr durch den Kopf. „Die Beine suchen das Tuch!“. Es jetzt, egal wie vorsichtig, aus der Amphore zu schieben, käme vermutlich einem Selbstmord gleich. Also blieb nur, absolute Ruhe zu wahren und so zu tun, als wäre sie gar nicht da. Menschen bewegen sich ständig; die können nie Ruhe geben. Also war es nur eine Frage der Zeit, wann die Beine endlich abhauen würden. Sie müsste nur geduldig sein und keinen Laut von sich geben. Dann wäre sicher gleich wieder alles gut. Einen kleinen Moment noch … Vielleicht zwei. Doch drei? Himmel; auf jeden Fall zu viele!

Manche Momente dauern eine Ewigkeit. Dieser gehörte dazu. Eindeutig. Ihr wurde schon richtig schlecht von der Anstrengung, bloß kein Mucks von sich zu geben. Sie hatte keine Zeit mehr, um sich noch ein anderes Quartier zu suchen. Das spürte sie ganz deutlich. Wenn sie jetzt entdeckt würde, wäre alles aus. Obwohl die Übelkeit auch davon kommen konnte, dass sie bereits seit viel zu langer Zeit nichts mehr zwischen die Zähne bekommen hatte. So konnte es auch nicht weiter gehen. Und nun auch noch die Beine, die einfach nicht … Doch. Doch, jetzt gingen sie endlich weiter. Nach dem ersten tiefen Durchatmen wollte sie gerade die Amphore verlassen, als sie ihren Augen kaum traute: Fast wäre sie drauf getreten: Hühnchen. Und auch noch so viel. Ohne Knochen, so dass es einfach so verschlungen werden konnte. Es gibt einen Gott, eindeutig!

Bereits nach wenigen Sekunden war die unverhoffte Beute in ihrem Magen. Es schmeckte nicht nur sehr gut, sondern tat auch unglaublich gut. Ob die Beine das Fleisch hier hingelegt hatten? Woher sollten sie wissen … Oh nein! Erst das Tuch und jetzt auch noch das Fleisch. Nun würde jeder Idiot wissen, dass sie hier war. Das Tuch könnte sie zur Not wieder heraus schieben aber das Hühnchen auf keinen Fall. Jetzt hieß es also, mit allen Sinnen aufmerksam zu sein, um bloß keiner vermeidbaren Gefahr zu erliegen. Sie musste teuflisch aufpassen, dass sie nicht doch noch entdeckt wurde. Und noch während sie sich das ganz fest vornahm, schlief sie erneut und mit prall gefülltem Bauch ein. Genau dieser war es, der sie etwas später auf sehr unsanfte Weise weckte. Nun war es also so weit.

Es war nicht ihr erstes Mal. Insofern wusste sie, was nun geschehen würde. Im Grunde ging alles von allein. Nur war es eben sehr anstrengend und es dauerte länger, als sie es bereit gewesen wäre, als angenehm zu bezeichnen. Aber stoppen ließ es sich natürlich auch nicht. Außerdem konnte sie zwischendurch nicht ausruhen. Ihre Aufmerksamkeit war nun über lange Zeit zu 100 Prozent gefordert. Da fragte niemand, ob sie kann oder will. Sie musste. Jedes Mal wenn wieder eines da war, musste es sofort versorgt werden und schon kam meist das nächste. Das konnte Stunden dauern und es war furchtbar anstrengend. Aber das war es wert. Es war alle Mühen wert. Immerhin waren es ihre und sie würde dafür sorgen, dass es ihnen an nichts fehlen wird. Zumindest, solange sie es noch nicht selbst konnten. Das war ihre Aufgabe und die würde sie erfüllen.

Gefühlt vergingen Stunden, tatsächlich war es ein völlig normaler Zeitraum. Dann war es geschafft und sie war so stolz auf das, was sie da vollbracht hatte. Glücklich aber erledigt wie Tausend Mann verschnaufte sie gerade etwas, als sich die Beine erneut näherten. Das durfte jetzt echt nicht wahr sein. Nun war sie definitiv absolut hilflos. Selbst wenn sie ernsthaft daran denken würde, zu flüchten: Sie würde keines ihrer Jungen zurück lassen. Alle gleichzeitig mitschleppen konnte sie jedoch nicht. Also musste sie sich der Situation stellen. Diese verdammten Beine! Warum konnte die nicht einfach weg bleiben? Aber halt, was war das? Die Beine beugten sich und sahen direkt in die Amphore. Zwei Augen sahen sie strahlend an und sprachen ganz leise. Was war das denn jetzt und wie sollte sie diese sonderbare Situation deuten?

Die Worte konnte sie nicht ganz einordnen, spürte aber instinktiv, dass sie freundlich waren. Das Gesicht besah sich, was da in den letzten Stunden vor sich gegangen war, ließen aber keinerlei Anstalten erkennen, zupacken oder sonstigen Ärger machen zu wollen. Sie wurde etwas ruhiger und dachte sich, dass sie es eh nicht würde ändern können, wenn die Beine oder das Gesicht ihr etwas Böses wollten. Also blieb sie ganz ruhig. Spätestens als ihr erneut Hühnchen und dazu noch eine Schale mit Wasser und Milch dieses Mal sogar in die Amphore gestellt wurden war klar, dass sie sich, obwohl sie entdeckt worden war, trotzdem sicher fühlen konnte. Diese Gestalt würde ihr nichts tun. Außerdem klang es ganz sanft, als sie sagte „Das hast Du wirklich toll gemacht, Du Hübsche!“. Was auch immer das heißen sollte …

© skriptum

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