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Posts Tagged ‘Magen’

mehr, dachte ich so und schnappte mir einen Quark. So einen von diesen 500 Gramm Pötten. Wenn schon, denn schon. Bis die Menge in den Magen transportiert ist, dauert es erfahrungsgemäß etwas. Also bleibt genügend Zeit, den Topf mit seinen Aufschriften mal etwas genauer zu betrachten. Bereits beim Einkaufen war mir die geringe Fett-Menge ins Auge gestochen:

 

 

Wow, wa?! NUR 0,2 % Fett. Voll der Hammer. Aaaaber 500 Gramm dauern. Also drehte ich den Pott und kam irgendwann zu diesem zwangsweise angebrachten Hinweis:

 

 

Daraufhin legte ich erstmal den Löffel zur Seite, klappte die Folie zu und stülpfte den Plastikdeckel drauf. Denn irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ein Hinweis in Form von

 

 

deutlich fairer wäre, jawoll!

;)

 

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Intensivismus

 

[Hinweis: Die Geschehnisse liegen vier Jahre zurück]

~~~

Nachdem ich plötzlich und unerwartet aufgrund mehrfacher Lebensgefahr (Ja, ja … was ich mache, mache ich richtig!) auf einer der städtischen Intensiv-Stationen flachgelegt und über Tage voll verkabelt worden war, beschlich mich einfach nur ein endloses Gefühl der Erleichterung, diese nach einigen Tagen wieder verlassen zu dürfen, um auf normal-Station verlegt zu werden. Die Bilder der Intensiv-Zeit waren noch viel zu verschwommen, als dass ich bereits irgendwas Neues hätte aufnehmen können. So ging es wohl auch der mich anschließend beherbergenden Krankenstation, die mich nicht etwa durch eine ausgebildete Fachkraft, sondern durch eine Schwestern-Schülerin „aufnahm“. Sie stellte mir unzählige Fragen (ich war schon froh, meinen Namen wieder zu wissen) und füllte die erforderlichen Aufnahmebögen aus. Mit meinem Allergieausweis konnte sie rein gar nichts anfangen und notierte sich einfach nur „Quecksilber“. Ich überlegte kurz, ob ich früher möglicherweise an zu vielen Fieber-Thermometern geknabbert habe, verwarf den Gedanken aber gleich wieder. Klar war mir nur, dass bei „Allergien“ die pure Angabe „Quecksilber“ definitiv falsch war. Meinen Vorschlag, für die Unterlagen eine Kopie des Ausweises zu machen, verwarf die Schülerin mit dem Hinweis, wenn der Doc eine Kopie braucht, kann er sie sich ja machen.

Da hätte mir eigentlich schon schwanen können bis müssen, dass ich mich auf dem direktest möglichen Weg befinde, vom Regen unter Umgehung der Traufe in der Scheiße *sorry* zu landen …

Wegen diverser Flüssigkeiten, die nach wie vor in mich rein flossen, hing ich am Tropf. Der einzige im Zimmer. Dieser durfte keinesfalls erst ganz leer laufen, sondern die Flaschen mussten grundsätzlich spätestens kurz vor Ende gegen volle ausgetauscht werden. Auch weil ein bis zum Herz geführter Katheter nach wie vor angelegt war und selbstredend freibleiben musste. Ich wusste das. Die Schülerinnen und Pfleger offensichtlich nicht; einen Arzt hatte ich noch immer nicht zu sehen bekommen. Es war nicht etwa so, dass ich da locker vor mich hin pfeifend in Bermuda-Shorts reinspaziert bin, sondern ich wurde mit einem sog. qualifizierten Krankentransport in diese Klinik verlegt und auf der Trage bis ans Bett gefahren. Obwohl ich ja solche Show-Effekte eigentlich gar nicht mag. Aber anders ging es zu dem Zeitpunkt nicht. Massen von Schülern und Pflegern kamen und gingen aber niemand bemerkte, dass sich der Tropf rapide dem Ende näherte. Irgendwann klingelte ich und zwei Schülerinnen kamen zu mir um sich zu erkundigen, was ich wolle. Auf den inzwischen nahezu ganz leer gelaufenen Tropf aufmerksam gemacht stellten sie beratend fest, dass sie da als Schülerinnen wohl nichts unternehmen dürften. Nach weiterer minutenlanger Beratung (inzwischen staubte der Tropf) beschlossen sie einvernehmlich, einen Pfleger hinzuzuholen. Nebenbei bemerkt: Unter anderem hing ich am Tropf wegen drohender Austrocknung. Hätte mal jemand meine aus der Intensiv-Station mitgelieferten Unterlagen zumindest angesehen, wäre das möglicherweise irgendjemandem aufgefallen. Nachdem der Pfleger weitere Minuten später eingetroffen war, versuchte er, mir einen Vorwurf daraus zu machen, dass ich nicht aufgepasst hätte und der Tropf niemals leer laufen dürfe. Das war das erste Mal in diesen Tagen, dass ich wieder Schimpfworte benutzte und sie sogar sinnvoll anordnen konnte. Glaube ich. Er war dann so gütig, sogar mit einer gewissen Eile neue Flüssigkeiten anzuhängen.

Nachdem ich bereits einige Stunden auf Station lag, kam zum ersten Mal eine Ärztin, blätterte wie wild in meiner Akte hin und her, hinterfragte aber z. B. keinesfalls den Punkt „Allergien“. Immerhin notierte sie meine Bitte, mir nach inzwischen mehreren gefühlt komplett schlaflosen Nächten abends ein Schlafmittel zu verabreichen.

Zur Abendbrot-Zeit kam ein Pfleger, dessen wild abstehender Bart länger war als meine Haare, verteilte zunächst Medikamente und an die Mitpatientinnen Essen. Ich bekam außer meinen Medikamenten (die ich ohne Essen nicht einnehmen darf) nichts. Auf meine Nachfrage hieß es, dass ich nichts zum Essen bekäme, weil ich es ja mit dem Magen hätte. Immerhin fast getroffen: Akut ging es um die Bauchspeicheldrüse. Aber die ist ja ganz in der Nähe … Mein weiterer Hinweis darauf, dass ich auf der Intensiv-Station bereits drei Mahlzeiten am Tag bekommen habe, wurde lächelnd ignoriert und schon war er wieder entschwunden. Einige Minuten später klingelte ich und fragte die dann reinschneiende Schülerin erneut nach Essen. Daraufhin kam ein anderer Pfleger und erklärte mir, dass in meiner Akte angeblich stünde, dass ich nichts essen dürfe. Ich fing – soweit ich es eben schon konnte – an zu rebellieren, woraufhin mir der Gute erklärte, dass es sich hier nicht um eine Intensiv-Station handele, sondern um eine Normalstation und die hätte nur einen einzigen Bereitschaftsarzt für alle und der hätte keine Zeit, sich um mich zu kümmern, nur weil ich etwas gegessen habe, was ich nicht vertrage. Der Spruch hat sogar mir spontan jedwede Kampfbereitschaft genommen. Meine Mitliegerinnen sahen nur erst sich und dann ihn völlig geschockt an. Immerhin quälte ich mir noch raus, er möge sich bitte auf der Intensiv-Station erkundigen, was und vor allem dass ich essen dürfe und mir dann pronto was zum Essen bringen. Er setzte allerdings noch ein, zwei drauf und erklärte lautstark, dass es ihm persönlich völlig egal wäre was mit mir ist, er müsse allerdings haften wenn was passiert und dafür wäre er nicht gut genug versichert. Außerdem wäre die Küche auf fettfreie Kost nicht eingerichtet. Es ging um die Krankenhausküche; nicht etwa um die Pommesbude an der nächsten Ecke! Aber immerhin zog er dann ab und „schon“ eine halbe Stunde später bekam ich acht (ACHT!) Zwieback auf einem Teller mit Häubchen angerichtet (wozu das Häubchen? Hoffte der „Koch“, dass ich sie dann nicht finde?). Eine Auszeichnung für vertrauensbildende Maßnahmen wird dieser Pfleger vermutlich nie bekommen.

Gegen 20 Uhr kam die Nachtschwester und verteilte weitere Medikamente. Ich bekam nichts. Meine Frage nach dem verordneten Schlafmittel wurde beantwortet mit „Kriegen sie nicht“. Ich bestand darauf mit dem Hinweis, dass es die Ärztin in der Akte notiert habe. „Hat sie nicht“ entgegnete die Nachtschwester knapp und ich knappte zurück „Hat sie doch, ich hab’s gesehen!“. Daraufhin erhielt ich einige Zeit später zwei … Zuckerperlen? …, die jedoch keinerlei Wirkung zeigten und Madame entschwand in das Dunkel der Nacht. Ich nicht. Stattdessen lag ich bis viertel vor elf hell wach, bis ich die Nachtschwester heran klingelte. Mit einem vermutlich sogar Tote aufweckenden „WAS?!?“ schlug sie die Tür auf. Ich fragte, ob wir nun aufhören könnten mit Spaßmachen und ich endlich ein Schlafmittel bekommen würde. „Nicht ohne ärztliche Anweisung“ bestritt sie erneut die Anordnung meiner Ärztin. Ich wurde etwas massiver und sie versprach, den Bereitschaftsarzt zu rufen, der solle das dann entscheiden. Eine weitere halbe Stunde später raffelte ich mich mit Infusionsständer und noch immer getragenem, (hinten offenen) OP-Hemdchen auf den Flur, um die Nachtschwester zu suchen, zu finden und möglicherweise direkt umzubringen. Meine erneute Nachfrage quittierte sie mit der lapidaren Bemerkung, ich hätte doch schon was bekommen und nun müsse ich eben Geduld haben. Dass das inzwischen über drei Stunden her sei und keinerlei Wirkung gezeigt habe, würdigte sie nicht als ausreichenden Geduldsbeweis. Meine augenscheinliche Kampfansage (mir fehlten weitere Worte) entwich sie mit dem Hinweis, auf den Arzt zu warten. Ich postierte mich lauernd an ihrer Theke und wartete, mit der einen Hand gestützt an dem Infusionsständer, mit der anderen Hand dieses unsägliche Hemdchen hinten zumindest etwas zuhaltend. Nie hätte ich gedacht, dass in Krankenhäusern nachts so viele Männer über die Flure flitzen. Nur ein Arzt war leider nicht dabei. Und das Krankenhaus war nicht so groß, dass der Arzt, der ja angeblich schon vor einer halben Stunde von der Schwester gerufen worden war, oder eben doch nicht, zwischenzeitlich noch nicht hätte angekommen sein können. Es musste also bald soweit sein und das wollte ich inzwischen stoisch aussitzen bzw. stehen. Nach einer weiteren viertel Stunde forderte mich die Schwester auf, ruhig wieder ins Bett zu gehen, sie würde sich kümmern. „Ja, das merke ich. Darüber haben wir schon gelacht; jetzt will ich ’ne Pille!“ blitzte ich sie an und dann doch schon (…) griff sie zum Telefon und erkundigte sich bei dem Diensthabenden, ob sie mir ein Schlafmittel geben dürfe. Ich bekam dann das zweite Mal ein Placebo und lag bis zum Frühstück wach. Die x-te Nacht in Folge, allein im Krankenhaus. Zuvor zuhause hatte ich auch schon vor Schmerzen nächtelang nicht schlafen können.

Mit dem Wecken rollten zwei Pfleger (oder Praktikanten? Schüler? Pförtner? Putzkräfte?) den Wagen mit den Patientenakten ins Zimmer, nahmen uns Mädels Blut ab, maßen Fieber und Blutdruck und den ganzen Klimbim. Mein linker Arm war stichunfähig, weil inzwischen bereits komplett zerbombt. Am rechten Arm hatte ich wie gesagt nach wie vor den Drei-Wege-Zugang, durch den auch jederzeit Blut abgenommen werden konnte. Man musste wirklich nur einen Hahn aufdrehen, nachdem man die Kanüle angesetzt hat und schon floss mein Herzblut notfalls in Strömen. Aber der Pfleger (???) bestand darauf, meinen linken Arm erneut anzustechen. Angeblich dürfe er an den rechten nicht ran, weil ich ja da eine Infusion dran hängen habe. Dass es sich dabei inzwischen nur noch um Flüssigkeit handelte, um die Leitung frei zu halten, eben UM jederzeit Blut abnehmen zu können, bestritt er und wuchtete mir erneut eine Nadel in den linken Arm. Wie oft ich in diesen Tagen bei ausreichendem Kräfte- und Überwältigungspotential bereit gewesen wäre, einen Mord zu begehen ohne an die Konsequenzen zu denken oder diese zumindest sehr bereitwillig in Kauf zu nehmen, weiß ich nicht mehr. Aber es war sehr oft! Seinen Irrtum klärten wir dann später im Beisein der Ärztin, die über seine Vorgehensweise nur wortlos-loyal mit dem Kopf schüttelte und die Augen verdrehte.

Bei diesem morgendlichen Überfall wurde von den zwei Weißkitteln festgestellt, dass es zwei auf mich lautende Patientenakten gab. In der einen waren alle Intensiv-Unterlagen (mit Angaben zum Essen, Medikamenten, bisherige Versorgung etc.), angelegt einen Tag vor meiner Ankunft und offensichtlich mit allen notwendigen Unterlagen und Angaben ergänzt, und in der anderen lediglich die von der Schülerin ausgefüllten Fragebögen, natürlich auch ohne Schlafmittel-Vermerk, angelegt am Tag meiner Ankunft. Davon abgesehen, dass ich es als desaströs empfinde, dass niemandem aufgefallen ist, dass über eine von der Intensiv-Station kommende Patientin keine Informationen in der (falschen) Akte sind, finde ich es bodenlos, dass es nicht einmal jemand für nötig gehalten hat, sich dafür bei mir zu entschuldigen. Es wurde einfach totgeschwiegen und gut war’s. Aber seit dem bekam ich immerhin – zwar außerordentlich unkreativ aber dennoch – regelmäßig etwas zum Essen. Allerdings geht jeder, der es wagen sollte, mir bis an mein Lebensende zum Abendessen Weißbrot mit Marmelade anzubieten, in direkte Lebensgefahr über! Zum Running-Gag entwickelte sich immerhin bei jedweder zweifelhaften Äußerung oder mitgeteilten Entscheidung die Frage unter uns Mädels, ob das nach Aktenlage entschieden wurde und wenn ja, nach welcher …

Mein OP-Hemdchen war nach Tagen noch immer nicht gewechselt worden, so dass mir eine Zimmerkollegin half, mir etwas anderes aus meinem eigenen Fundus anzuziehen, was jedoch mit all den Schläuchen etc. nicht wirklich als einfach zu bezeichnen war. Das Hemd hängten wir über den Fußteil meines Bettes. Von dort wurde es dann nach zwei Tagen mit der offensichtlich ernst gemeinten Frage „Oder wollen Sie das nochmal anziehen?“ und meinem fassungslosen Kopfschütteln entfernt.

Wir wollten das Krankenhauspersonal aber nicht unnötig mit potentiellen Hilfsanfragen belästigen. Sie waren mutmaßlich sehr überfordert. Eine Mitliegerin bat nach diversen Einläufen um etwas Salbe, weil sie inzwischen nicht mehr nur nicht sitzen, sondern auch nicht mehr liegen konnte. Eine Schwester kam ins Zimmer und teilte ihr mit, da sie ja mit dem Essen fertig sei, solle sie ihr Tablett selbst raus bringen und dann bekäme sie auch Salbe. Anschließend verließ die Schwester mit leeren Händen das Zimmer wieder.

Gleich stark überfordert waren aber auch die Reinigungskräfte. In den vier Tagen, die ich in diesem Zimmer lag, habe ich es nicht ein einziges Mal mitbekommen, dass die Toilette mal geputzt worden wäre. Auch das Wischen des Zimmers gestaltete sich anders, als ich es bisher in Krankenhäusern gesehen hatte: Die Lady kam mit dem angefeuchteten Wischding bereits ins Zimmer geschoben und ohne es auch nur ein einziges Mal auszuspülen, schredderte sie damit den gesamten Boden. Vorzugsweise, während wir gegessen haben. Der (vermutlich) Joghurt, der bereits bei meiner Einlieferung neben meinem Bett breit getreten war, hatte sich in den vier Tagen immerhin soweit verteilt, dass er fast dem Muster im Linoleum entsprach und nicht mehr ganz so deutlich auffiel. Allerdings hatte da ein Pfleger mal getrickst, als mein Tropf nicht lief: Er löste den Schlauch, ließ einfach so auf den Boden (über den Joghurt) etwas von der Infusion ablaufen, steckte alles wieder zusammen, grinste mich an mit „Na also, läuft doch!“ und entschwand. Ein bereits bei meiner Ankunft dort auf dem Boden lungerndes Plastikteil lag jedoch noch immer im Zimmer rum, als ich meine Sachen packte und inzwischen wirklich alles in Kauf nehmend nur noch da raus, vorzugsweise nach Hause, wollte. Wetten, wie weit „sie“ es wohl am jeweiligen Morgen beim „Reinigen“ des Bodens weiter schieben würde, gewannen wir immer. Bis ins Bad hat sie es nur ab und zu geschafft und auch dann nicht bis in jede Ecke, was aber nicht weiter schlimm war: Wenn morgens eine von uns geduscht hatte, stand die Nasszelle Dank der dusseligen und für diese Zwecke – natürlich nur nach meinem ganz subjektiven Empfinden höchst unsinnigen – Duschen-Konstruktion den ganzen Tag unter Wasser. Schade, dass es nicht wenigstens einen Wischer gab, mit dem wir Patienten das Wasser selbst zurück in die Dusche hätten schieben können. Aber so hatten wir alle immer frisch gewaschene (zumindest gewässerte) Füße. Ist ja auch was. Auch das Blatt Toilettenpapier, das tagelang ca. 30 Zentimeter neben der Toilette lag, befand sich dort noch immer, als ich das Krankenhaus verließ. Vielleicht war es aber auch inzwischen aufgrund der ständigen Wasserüberschwappung mit den Fliesen fest verbunden. Das habe ich nicht geprüft. So brennend interessierte mich das dann alles nicht mehr.

Bevor ein Bett, und somit natürlich auch ein Schrank, neu belegt wurden, ließ man den Schränken keinerlei Form von Reinigung angedeihen. Einer nimmt seine Klamotten raus, der nächste packt seine rein und durch mit das. Betten waren noch warm, bevor sie neu belegt wurden. Egal wer noch Minuten zuvor mit welcher Erkrankung in die Decke gehustet, ins Kissen geschwitzt hat oder in die Matratze ge … weiter mag ich darüber gar nicht nachdenken! Es wurde nur schnell frische Bettwäsche (immerhin) aufgezogen und *zack* lag der nächste Patient drin. Davon, dass die Patienten selbst aufpassen mussten, ob sie morgens ihre oder die Medikamente des Nachbarn auf dem Tablett hatten, fange ich jetzt lieber gar nicht erst an. Und wenn es für all das nicht mehrere Zeugen gäbe, hätte vermutlich nicht einmal ich mich getraut, das alles niederzuschreiben. Unglaublich finde ich auch, dass Besucher mit Parkgebühren abgezockt werden! Was kommt als nächstes? Eintrittskartenverkauf vor den Krankenzimmern? Würfelspiele um die Mahlzeiten? Doppelt oder nix: Wer gewinnt darf bei Intensiv-Patienten nach Melodiewunsch die Geräte neu einstellen?

In drei bis vier Monaten muss ich erneut ins Krankenhaus, um eine Folge-OP durchführen zu lassen. Wenn es sein muss werde ich meinen Hausarzt am Montag auf Knien anbetteln, nicht noch einmal in dieses KRANKen-Haus zu müssen. Aber die OP kommt ja dann zum Glück nicht plötzlich und unerwartet, vorzugsweise oder auch nur der Abwechslung halber auch nicht unter Lebensgefahr. Wobei sich mir durchaus die Frage stellt, welche Gefahren bei Niederlegung in einem solchen Krankenhaus überwiegen …

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Vor allem scheint mir qualifiziertes Personal (gut ausgebildete Schwestern, Pfleger) zu fehlen. Nicht, dass es grundsätzlich nicht da wäre, es ist aber m. E. nicht in ausreichendem Maße vorhanden/eingestellt.

Und ohne für mich persönlich nun eine ganz besonders hoch gehängte Latte anbringen zu wollen: Ich kam direkt von der Intensiv-Station, nachdem ich gerade eine dreifache Lebensgefahr (Bauchspeicheldrüse, Lungenentzündung und Austrocknung) überstanden hatte. Mir erscheint es nicht nur logisch, sondern auch dringend geboten, dass solche Patienten mit ganz besonders sorgfältiger Aufmerksamkeit in eine andere Station aufgenommen werden. Stattdessen wurde z. B. aufgrund des Akten-Chaos‘ übersehen, dass ich noch Antibiotikum benötige, was dann am Montag einfach mal vergessen wurde. Ab Dienstag (nachdem die „richtige“ Akte von irgendjemandem entdeckt worden war) bekam ich es dann wieder. Am letzten Tag auf Station hatte ich plötzlich ein Medikament auf dem Tablett, was ich zuvor nicht bekommen hatte, dafür fehlte das inzwischen in Tablettenform verabreichte Antibiotikum. Meine Nachfrage, was das denn sei, wurde mit „Ihre Darmtablette“ beantwortet, die ich überhaupt nicht bekommen sollte/durfte. Meine nächste Frage, wo denn mein Antibiotikum ist, wurde beantwortet mit einem stutzenden Blick und der sich selbst gestellten Frage „Ähm, wo ist das denn jetzt gelandet?“. Sowas darf m. E. einfach nicht passieren!

Ohne Ironie, Sarkasmus bis hin zum Zynismus kann man eine solche Situation wohl kaum überstehen. Bezeichnend finde ich es auch, dass ich z. B. seit dem ich zuhause bin, jede Nacht acht bis neun Stunden wie ein Baby geschlafen habe, und zwar ohne jedwedes Hilfsmittel. Im KH war das absolut unmöglich, weil ich mich nur unglaublich unwohl bis fast schon angeekelt gefühlt habe.

[© skriptum/marmonemi 03.03.2007]

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An dieser Stelle einen wirklich und ehrlich von Herzen kommenden Dank an die liebe Synapse und viele ihrer Kolleginnen und Kollegen, die mir aufgrund dessen, wie sie mit diesen Themen und vor allem mit Patienten umgehen, immer wieder zeigen, dass „das da oben“ wirklich und wahrhaftig nicht der Normalfall ist bzw. sein muss!

 

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Dieses Dröhnen in mir

 

Ich wiege den Cognac-Schwenker in meiner Hand und stehe am Fenster. Es wird dunkel und ich bin froh, diesen Tag überstanden zu haben. „Hauptsache er ist vorbei“ geht es mir durch den Kopf als ich den Mond schemenhaft sehe, wie er langsam hinter einem Haus hervor kommt und Frieden verspricht. Ich nippe am Glas und fühle, wie sich der Schluck meinen Hals hinab seinen Weg in meinen ungefüllten Magen bahnt. Die Dämmerung beruhigt mich, wirkt wie ein Schutz gegen das Böse der Welt.

Das Glas auf den Esstisch stellend verlasse ich den Raum, streife mir meine Kleidung vom Körper und genieße eine heiße Dusche. Meine Art, etwas Unangenehmes von mir abzuspülen. Je unangenehmer das Ereignis desto länger die Dusche. Das heiße Wasser auf meiner Haut tut mir gut, gibt mir neue Kraft, wärmt mich und lässt mich für ein paar Minuten die Welt um mich herum vergessen. Aus dem Wohnzimmer höre ich Laith Al-Deen, wie er versichert „Ich will nur wissen“. Ja, ich wollte auch nur wissen …

Seit zwei Wochen hatte ich mich vor diesem Termin gefürchtet. In den letzten Tagen überkamen mich wieder und wieder Fieberschübe, die ich mit grippalem Schnickschnack abtat, um möglichst normal bei meiner selbst definierten Tagesordnung zu bleiben. Und doch nahm ich es zum Anlass, sie vor mich hin leugnend als möglichen Grund zu nehmen, den Termin im INI [*] abzusagen. Obgleich ich mir durchaus im Klaren darüber war, dass ich letztendlich nicht umhin kam, mich der Untersuchung zu stellen.

Mit Sonne begrüßte mich dieser Tag und versprach schön zu werden. Doch nicht jedes Versprechen wird gehalten. Ich zitterte, als ich den ersten Becher Kaffee trinken wollte. Mit „nur zu wenig Schlaf“ versuchte ich, mich zu beruhigen. Versuchte, die Unruhe in mir zu besänftigen. Ich zog mich an und ließ die Lederjacke an der Garderobe hängen. Das Thermometer zeigte 21 °C. Ein übergehängter Pulli würde sicher reichen. Ich nahm meine Tasche, in der sich von Mal zu Mal mehr Röntgen-Aufnahmen sammeln, und fuhr los. Zunächst zu meiner Hausärztin, um mir eine Überweisung zum Neurologen zu holen, bei dem ich dann für heute die Überweisung ins INI bekam. Ab drei Arztpraxen pro Tag verlässt mich die Motivation; reagiere ich allein schon auf die Erwähnung von „Arzt“ allergisch.

Der Weg ins INI war wie das Bewegen in Luft leerem Raum. Jeder Schritt wie mit Blei an den Füßen. Mein Gang war geduckt und ich versuchte, mich aufzurichten, was nicht gelang. „Kopf hoch“ war ein Befehl, den ich an diesem Tag trotz ständiger Wiederholung schlicht verweigerte. Beim Betreten des Instituts quälte ich mir ein möglichst freundliches „Guten Tag“ heraus, als ich den Empfangsbereich passierte. „Im Gebäude: 1. Etage rechts (MR 2 ausgeschildert)“ entnahm ich zum wiederholten Male der Wegbeschreibung. Idiotensicher. Eigentlich. Ich verlief mich trotzdem. Eine Schwester wies mir den Weg und ich meldete mich an.

Mal wieder ein Fragebogen, den ich auszufüllen hatte. Mal wieder eine Erklärung unterschreibend, dass ich mit allem einverstanden bin, obgleich ich im Voraus gar nicht wissen konnte, was genau passieren würde. Den Hinweis wortlos zur Kenntnis nehmend, alle am und im Körper befindlichen Metallteile vor der Untersuchung unbedingt abzulegen. Sollte ich mir mein rechtes Handgelenk nun aufschneiden, um das darin befindliche Implantat zu entfernen? Ich sollte nicht.

Nach endlos wirkendem Warten wurde ich aufgerufen. Eine kleine Zelle sollte ich hinter mir verschließen und mich für die Untersuchung vorbereiten. Die Anweisungen der Schwester rauschten mehr oder weniger an mir vorbei. Dann schloss sie zunächst die Tür, um mir Zeit zu geben. Ich agierte mechanisch und mein Herz schlug bis in die Schädeldecke. Gedankenlos legte ich meinen Schmuck ab und entfernte meine Haarspange und alle sonstigen Metallteile, die dem Ergebnis hinderlich hätten sein können. Die Tür öffnete sich wieder und ich wurde in den Untersuchungsraum gebeten. Grußlos ging ich an dem mit dem Rücken zu mir sitzenden Arzt vorbei, was eigentlich so gar nicht meine Art ist. Immerhin begab ich mich gleich, wenn auch nur elektronisch, in seine Hände.

„Bitte nehmen sie hier Platz und legen sie sich dann so hin“ hörte ich die Schwester gestikulierend sagen, die mich sogleich auf der Trage fixierte. Ab jetzt war jeder Gedanke an Flucht aussichtslos. Mein Kopf wurde festgebunden, Schläuche und sonstiges über meinen Körper gelegt. Routine. Für die Schwester; nicht für mich. Ich fühlte mich gefangen und vollkommen ausgeliefert; bekam Kopfhörer auf, die meine Ohren jedoch nur vor dem gleich beginnenden Lärm schützen sollten. Ich mag mir nicht ausmalen, wie laut es ohne sie gewesen wäre. Die Ankündigung, mir Kontrastmittel zu spritzen, versuchte ich sofort ängstlich wegzudiskutieren. Sie lächelte nur. Die Schwester lächelte eigentlich die ganze Zeit. Sie war sehr freundlich, was mir jedoch erst hinterher wirklich bewusst wurde. Ebenso wie die friedliche Freundlichkeit des Arztes, der zu mir kam, um mich zu begrüßen und sich zu erkundigen, was vorgefallen war. Er erinnerte mich optisch an meinen Steuerberater.

Die Schwester drückte mir einen Ball in die Hand, der an einem Kabel hing und dazu dienen sollte, dass ich mich bemerkbar machen konnte, wenn mich irgendwas während der Untersuchung beunruhigte. Mich beunruhigte dieses gesamte Procedere! Dennoch wurde ich die Röhre geschoben. Die Schwester verließ den Raum. „Sie hat es vergessen“ triumphierte ich gedanklich zu früh, an das angedrohte Kontrastmittel denkend. Aber Schwestern und Ärzte vergessen nichts. Die Untersuchung begann. Ein unglaubliches Pochen, Dröhnen, Schlagen und Brummen erreichte mein Gehör. Ich fühlte mich, als stünde ich in einer Techno-Diskothek direkt zwischen zwei voll aufgedrehten Boxen. Alles vibrierte um mich herum. Platzangst hatte ich nicht und doch kam es mir vor, als wenn sich die Röhre zuziehen würde. Der blaue Streifen längst der Röhre kam auf mich zu, wurde breiter und schmaler, verschwamm und war doch wieder ganz klar zu erkennen. Die Geräusche nahmen mich in ihren Besitz. Ich blinzelte mit den Augen, um klarer sehen zu können. Wozu eigentlich? Verpasste ich optisch etwas? Nein, sicher nicht.

Die Geräusche änderten sich. Zwischendurch gab es Ruhephasen. Wobei Ruhe ein durchaus dehnbarer Begriff ist. Es war nur ruhiger als sonst. Sonst nichts. Nach ca. 15 Minuten verstummte alles. Es wurde totenstill. Durch die Kopfhörer hörte ich, dass jemand den Raum betrat. Die Schwester. Sie kündigte an, mich nun herauszufahren und ich solle mich nicht erschrecken. Halb außerhalb der Röhre und halb in ihr liegend fühlte ich, wie sie meinen linken Arm freilegte. „Sie hat es doch nicht vergessen“ durchfuhr es mich und blitzartig verkrampften sich 173 Zentimeter Mensch zu einem Klumpen aus purer Angst. „Kann sein, dass es jetzt brennt“ hörte ich sie entfernt sagen. Ja, das tat es. Und wie! Sie drückte den Arm mit einem Band ab und legte ihn mir auf den Bauch.

Dann wurde ich erneut in die Röhre gefahren und das Szenario wiederholte sich. Dieses Mal mit einem Brennen in meinem Körper, dass sich mehr und mehr verteilte. Dieses Gefühl der Wehrlosigkeit machte mich jedoch noch viel verrückter. Mein Auge begann zu jucken. Aber durch das Gitter über meinem Kopf konnte ich es nicht erreichen. Dann fühlte ich, wie mein Magen anfing zu knurren. Wann hatte ich zuletzt etwas gegessen? Getrunken? Ich wusste es nicht mehr. Meine Nase wurde kälter und kälter. Auch sie konnte ich nicht wärmen. Die Geräusche wurden lauter. Unerträglicher. Es schien kein Ende zu nehmen und doch war es irgendwann vorbei. Ich durfte aufstehen. Das Druckband von meinem Arm wurde entfernt. Mechanisch verließ ich den Untersuchungsraum, um zurück in meine Zelle zu gehen. Ich zog mich an, brachte Schmuck und Haarband an ihre ursprünglichen Positionen und ging zurück in den Wartebereich.

Am Fenster stehend sah ich über die Stadt. Die Dämmerung kündigte sich vorsichtig an. Wo war die Sonne geblieben? Die Zeit stand und wartete darauf, irgendwie zu vergehen. Irgendwann hörte ich weit entfernt meinen Namen und ging erneut los. Ein riesiges Zimmer mit großen Lichtwänden. Drei Plakate auf denen das Innenleben meines Kopfes in Scheiben zu sehen war. Erklärungen des Arztes suchten das zusammengesetzte dessen, was dort an der Wand hing. Ich nickte immer wieder, lächelte freundlich und fühlte mich unbeschreiblich klein. Ein warmes Händeschütteln, ein „Danke!“ was ich mich entfernt sagen hörte und kurz darauf verließ ich das Institut mit einem großen Umschlag unter meinem Arm.

Den Gedanken daran, anschließend noch einzukaufen, begrub ich endgültig. Alles was ich nun noch wollte war, nach Hause zu kommen. Ein Taxi zu rufen hielt ich in Anbetracht der Möglichkeit, einen gesprächsbedürftigen Taxifahrer zu erwischen, nicht für sinnvoll. Also ging ich zur Bushaltestelle und wartete. Die Aufnahmen unter meinem Arm wogen Tonnen. Es war kalt. Mir war kalt. Bitter kalt! Ich zitterte schon wieder. Oder immer noch? Mein Magen machte sich erneut bemerkbar. Weder zum Essen noch zum Trinken hatte ich etwas bei mir. Nur Zigaretten. Ich frickelte eine aus meiner Tasche und steckte sie, entgegen meiner sonstigen Ablehnung, auf der Straße zu rauchen, an. Der Rauch schmeckte bitter. Flash? Nein, purer Brechreiz. Ich schmiss sie weg und wartete weiter auf den Bus. Die Aufnahmen unter meinem Arm wurden schwerer. Ich zitterte noch mehr. Wo verdammt nochmal war die Sonne geblieben?

Der Bus kam. Ich stieg ein und suchte mir einen Platz am Fenster. Das Licht im Fahrzeug ließ mich mein Spiegelbild durch das dunkler werdende Äußere erkennen. Ich erschrak. Konnte es sein, dass ich heute um 10 Jahre gealtert war? Mein Blick streifte durch den Bus. Irgendjemand hatte vor die Tür gekotzt. Es war mir egal. Ich roch es nicht. Nach einigen Haltestellen stieg ich aus und schlich nach Hause. Warum hatte ich meine Lederjacke nicht angezogen? In meiner Wohnung war es etwas wärmer. Ich streifte Tasche und Pulli ab, ließ die Schuhe mitten im Weg stehen, schmiss den Umschlag mit den neuen und allen bisherigen Aufnahmen einzelner meiner Körperteile auf die Couch und goss mir auf nüchternen Magen einen Cognac ein. Das Thermometer zeigte 20 °C.

© marmonemi [10/2005] / skriptum

[*] Gehirnzentrum / „International Neuroscience Institute“, Link: INI
Klinik + Forschungseinrichtung der Medizinischen Hochschule Hannover

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